wahrheit hoch zwei (4) von WIGLAF DROSTE und RALF SOTSCHECK
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Dienstag, 14. März. Unser Gastgeber Vincent Klink lädt uns auf die Wielandshöhe ein. Kann man früh morgens um halb eins schon essen? Und wie. Wir betten unsere Köpfe auf zwei Blätterteigkissen mit Pilz-Tomaten-Füllung, der Sommelier steckt uns Trichter in den Mund und gießt alle paar Minuten ein Schlückchen Champagner hinein. Die Küche entsendet einen weiteren Gruß, Kartoffelpürree mit Speck und gerösteten Zwiebeln. Wir erleben späte Butterfreuden, und das als Männer.

Der Sommelier wechselt die Trichter und gibt uns einen Chardonnay aus dem Burgund zu schmecken. Ein Saiblingfilet auf Schnittlauchvinaigrette mit Linsen und Rotkohl wird herbeigetragen, wir liegen zu Tisch und dem Patron und seiner Mannschaft zu Füßen. Eine Radieschensuppe mit Jakobsmuscheltranchen wärmt Magen und Herz, der Himmel rückt nah. Erneut Trichterwechsel, nun wird ein Barbera D’Alba in die Schlünder gegossen. Zu dieser Woge des Entzückens gesellt sich ein Kalbsfilet auf Morchelsoße mit Eiszapfengemüse und Tagliatelle, durch die Adern strömt bärenhaftes Wonnegefühl.

Die Patisserie schickt ihren ersten Parlamentär: Limonenschaum mit Ingwer-Honig-Soße. Wir ergeben uns freiwillig. Die Kapitulation wird mit Mohnschupfnudeln, Rotweinbirne und Vanilleeis versüßt. Wir danken inständig und rollen bergab. Ein Hemdknopf springt Sotscheck vom prallen Wanste; abends im Theater muss er mit nacktem Gewaltoberkörper in der Garderobe sitzen, während eine freundliche Schneiderin den Knopf mit einem Natodrahtfaden annäht.

Mittwoch, 15. März. Hauptbahnhof Stuttgart. Sotscheck frühstückt ein mit Bockwurscht gefülltes Croissant. Die Folgen sind verheerend, der BSE-Experte deklamiert: „Ich bin es, Wurst-Ralle! Der Mann, den sie Wurst nannten! Der mit der Wurst tanzt! Finnegans Wurst!“ Über den Rest wird der Schinkenmantel des Schweigens gebreitet. Schließlich sind wir einander verbunden durch ein Erpressungspatt. Naivlinge nennen das Freundschaft.

Ankunft in Speyer. Unsere Gastgeberinnen Ulla-Britt Egeland und Caren Drees vom Spei’rer Buchladen haben eine Überraschung parat: eine Einladung bei Oberbürgermeister Schineller. Welcher Partei er angehöre, wollen wir wissen. Der CDU – kein Problem also. Konservative und Kommunisten mögen im Einzelfall Verbrecher sein, Sozialdemokraten und Grüne aber sind immer ohne jeden Charakter und müssen gemieden werden.

Roswitha und Werner Schineller empfangen uns in ihrem Haus. Zum Kaffee gibt es Selbstgebackenes, eine Apfeltarte und einen versenkten Kirschkuchen, für den labilere Männer töten würden. Wir schleppen uns ins Hotel „Goldener Engel“; später, von Ruhe erfrischt, geht es zur Lesung in den Historischen Ratssaal. Unsere Garderobe ist der Saal des Ältestenrats. So fühlen wir uns langsam auch an. Anschließend bittet Walter Deutsch großzügig in seine „WeinWunderbar“ und lässt uns Pfälzer Rieslinge probieren. Sotscheck arbeitet sich zum Mirabellenbrand vor, als plötzlich … Lesen Sie am kommenden Montag die spannende Fortsetzung „Partnership of Fools“