Die Visionen und Sorgen von Barack Obama

Der Fahrplan des US-Präsidenten auf dem Weg zu einer atomwaffenfreien Welt birgt noch viele Risiken

GENF taz | Für US-Präsident Barack Obama wäre das Start-Nachfolgeabkommen mit Russland der erste konkrete außenpolitische Erfolg seit seinem Amtsantritt im Januar 2009. Das Abkommen ist zugleich die Umsetzung des ersten Schritts auf dem Weg zu einer „atomwaffenfreien Welt“, einer Vision, zu der sich Obama als erster Präsident der US-Geschichte bekannt hatte. Die Obama-Administration hofft, dass diesem Schritt noch im Laufe des ersten Halbjahrs 2010 weitere folgen.

Für Mitte April hat sie die anderen 43 Staaten nach Washington eingeladen, die neben den USA bislang als Unterzeichner des Atomwaffensperrvertrags erklärtermaßen die nukleare Technologie nutzen und dem Kontrollregime der Internationalen Atomenergie Agentur (IAEA) in Wien unterliegen. Mit den Beratungen der 44 Staaten möchte Obama die Bemühungen zur Einschränkung der Weiterverbreitung atomarer Waffen stärken. Die Proliferation atomarer Massenvernichtungswaffen ist die Hauptsorge der USA – nicht nur mit Blick auf das umstrittene Nuklearprogramm des Irans mit seinen mutmaßlichen militärischen Bestrebungen. Die Washingtoner Beratungen sind gedacht als Vorlauf für die Konferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrags, die im Mai in New York stattfindet. Scheitert diese Überprüfungskonferenz ähnlich wie die letzte im Jahr 2005 am Streit über Iran und weil die fünf offiziellen Atomwaffenmächten (USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien) aus Sicht der übrigen 181 Vertragsstaaten ihre Verpflichtungen zur atomaren Abrüstung nicht erfüllen, könnte dies das Ende des Sperrvertrags einläuten.

Um ein positives Signal für die Überprüfungskonferenz zu setzen, würde Obama bis zum Mai gern auch die seit über 15 Jahren überfällige Ratifizierung des umfassenden Verbots atomarer Testexplosionen durch den US-Senat über die Bühne bringen. Doch hierzu wird er höchstwahrscheinlich nicht die erforderliche Unterstützung der Republikaner erhalten. Selbst die Ratifizierung des Start-Vertrags ist derzeit völlig unsicher. Auch der Ausgang der Beratungen über die künftige Nuklearwaffenstrategie der USA wird Auswirkungen haben auf die New Yorker Konferenz. Setzt sich Obama in seiner Administration durch mit dem Ziel, die Rolle der noch verbliebenen Atomwaffen wieder strikt auf die Abschreckung gegen atomare Angriffe durch andere Staaten zu begrenzen, wäre dies ein positives Signal für New York. Bleibt die Obama-Administration aber bei den Ausweitungen der Strategie (Atomwaffen als Kriegsführungsinstrumente, atomare Präventivschläge), die die Bush-Administration seit 2002 vorgenommen hatte, erhöht sich die Gefahr eines Scheiterns der Überprüfungskonferenz. ANDREAS ZUMACH