Mischung aus Provokation und gezielter Sabotage

NAHOST Siedlungsausbau wird noch einmal forciert. Gericht bestätigt Freilassung von Gefangenen

VON GEORG BALTISSEN

BERLIN taz | Als sei es noch nicht genug gewesen, hat die Stadtverwaltung von Jerusalem am Dienstag, einen Tag vor Beginn der Wiederaufnahme der Friedensgespräche, noch einmal 942 Wohneinheiten in der Siedlung Gilo im besetzten Ostjerusalem genehmigt. Erst am Sonntag hatte das israelische Bauministerium die Ausschreibung für 1.187 Wohneinheiten in den Siedlungen in Ostjerusalem und im besetzten Westjordanland bekannt gegeben. Beobachter sehen in beiden Maßnahmen eine gezielte Provokation sowohl gegen die Wiederaufnahme der Gespräche als auch gegen die am Dienstagabend vorgesehene Freilassung der ersten 26 von 104 palästinensischen Gefangenen.

Die Siedlungsprojekte liefen den US-Versprechen zuwider und drohten „den Zusammenbruch der Verhandlungen zu verursachen“, sagte der hochrangige Palästinenservertreter Jasser Abed Rabbo am Mittwoch der Nachrichtenagentur afp. „Wenn der Verhandlungsprozess mit einer Beschleunigung des Siedlungsbaus beginnt, kann man sich fragen, wohin er führen soll“, sagte Rabbo.

Zuvor hatte sich US-Außenminister John Kerry um eine Beruhigung der Lage bemüht. Die Ankündigung der israelischen Regierung vom Sonntag sei „zu einem gewissen Grad erwartbar gewesen“, sagte Kerry bei einem Besuch in Kolumbien. „Wir wussten, dass es eine Fortsetzung mancher Bauaktivitäten an bestimmten Orten geben würde, und ich denke, die Palästinenser verstehen das“, fügte Kerry hinzu. Zugleich nannte der US-Diplomat die Siedlungspläne „illegal“. Gewöhnlich äußern die USA „Bedenken“ gegen die Ankündigung von Siedlungsbauten, ohne Israel indes allzu scharf zu kritisieren. Die bislang gemäßigte Kritik von palästinensischer Seite hat unterdessen den Eindruck bestärkt, dass die Autonomiebehörde die Freilassung der Gefangenen wie auch die Wiederaufnahme der Gespräche als wichtiger erachtet als den Bau von ein paar hundert neuen Wohneinheiten in den Siedlungszentren. Ob sich diese Haltung allerdings bei neuen Provokationen seitens der israelischen Regierung beibehalten lässt, steht dahin.

Der Wiederaufnahme der Gespräche hat am Dienstag auch der oberste israelische Gerichtshof entsprochen. Eine Klage von israelischen Familien, die bei Anschlägen Angehörige verloren haben, gegen die geplante Freilassung palästinensischer Gefangener hat das Gericht zurückgewiesen. Damit ist auch juristisch der Weg frei, die erste Gruppe der Gefangenen freizusetzen.