Überzogener Schadensersatz

Geld Nach einer Auswertung der Bremer Verbraucherzentrale fordern Banken bei Hausverkäufen vor Kreditende zu hohe Vorfälligkeitsentschädigungen

Banken kassierten in diesem und im Vorjahr durchschnittlich 10,8 Prozent des abgelösten Restkapitals

Als Marion Hambachs* Mann starb, hieß das für die 46-Jährige, dass jetzt sie die beiden Kredite für das Haus im Bremer Umland abbezahlen musste. Doch die Bürokauffrau, die ihren Mann während seiner schweren Krankheit gepflegt hatte, ist arbeitslos und kann die monatlichen Raten nicht bezahlen. Also ging sie zu ihrer Bank, in der Hoffnung, den einen Kredit mit der Lebensversicherung ihres Mannes ablösen zu können – und den anderen, den sie erst vor anderthalb Jahren neu abgeschlossen hatte, gegen einen zinsgünstigeren einzutauschen. Doch einen neuen Kredit bekäme sie nicht, sagte ihre Bankberaterin, da sie arbeitslos sei. Und auflösen könne sie beide Verträge nur, wenn sie insgesamt 9.000 Euro an Vorfälligkeitsentschädigungen – Schadensersatz wegen frühzeitiger Auflösung des Vertrags – an die Bank zahlen würde. „Dann lohnt sich das Auflösen aber nicht mehr“, sagt Hambach, die jetzt versucht, mithilfe der Bremer Verbraucherzentrale die Schadensersatzsumme zu drücken.

Denn diese ist nach Einschätzung der Verbraucherzentrale viel zu hoch angesetzt, wie ihr Finanzexperte Hartmut Schwarz gestern sagte. Nicht nur in Hambachs Fall: Nach einer gestern von den Bremer Verbraucherschützern vorgestellten Auswertung von 2.900 Fällen aus ganz Deutschland kassierten Banken in diesem und im Vorjahr durchschnittlich 10,8 Prozent des abgelösten Restkapitals. In den Jahren 2007 und 2008 seien es noch vier Prozent gewesen, so Schwarz, ab 2009 seien die Bankenforderungen „explodiert“. Als Ursache macht er die derzeitige Niedrigzinsphase aus. Banken würden mit den überzogenen Schadensersatzforderungen Einnahmeausfälle kompensieren. Gleichzeitig würden BankberaterInnen zunehmend ihre KundInnen drängen, Immobilien zu kaufen – ohne transparent zu machen, welche Kosten auf sie zukommen, wenn sie aufgrund von Arbeitslosigkeit, Tod, Krankheit oder Scheidung das Haus vor Ablauf des Kreditvertrages verkaufen müssen.

Die Verbraucherschützer fordern deshalb, dass Banken diese Risiken benennen müssen. Außerdem müsse gesetzlich klar definiert werden, wie viel die Banken nehmen dürfen sowie eine Höchstgrenze für die Vorfälligkeitsentschädigungen festgelegt werden, so Gerd Billen vom Verbraucher-Bundesverband.

Bremens Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) forderte gestern Sonderregelungen in Fällen von Tod und Krankheit sowie eine Verpflichtung, sich vor Aufnahme eines Immobilien-Kredits beraten zu lassen.  EIB