„Die härtere Nuss kommt noch“

Bürgerinitiative X-1000mal quer hat erfolgreich gegen das pauschale Demonstrationsverbot beim Castor-Transport 2004 geklagt. Ihr Vertreter Holger Isabelle Jähnicke befürchtet jedoch, dass die Polizeidirektion Berufung einlegt

taz: Herr Jähnicke, Sie haben erfolgreich gegen das Versammlungsverbot beim Castor-Transport im November 2004 geklagt. Erwarten Sie nun, dass die Polizeidirektion bei zukünftigen Castor-Transporten auf solche Allgemeinverfügungen verzichten wird?

Holger Isabelle Jähnicke: Ich gehe davon aus, dass die Polizeidirektion beim nächsten Castor-Transport nochmal eine Allgemeinverfügung erlassen wird. So wie ich sie kennen gelernt habe, werden sie Berufung einlegen. Sie werden sich auf den Standpunkt stellen, dass diese Entscheidung noch nicht rechtskräftig sei und die Allgemeinverfügung nach ihrer Rechtsauffassung nach wie vor rechtmäßig sei.

Das bedeutet, es wird vor dem Oberverwaltungsgericht weitergehen – eine Erfahrung, die die Bürgerinitative ja schon öfter gemacht hat.

Genau. Das Oberverwaltungsgericht ist eine noch härtere Nuss als das Verwaltungsgericht, und die sind schon eine harte Nuss. Wir haben ja auch schon in vergangenen Verfahren regelmäßig eine Abfuhr von dem Verwaltungsgericht bekommen. Im letzten Jahr haben sie angefangen, sich ein bisschen zu bewegen. Die Arbeit müssen wir beim Oberverwaltungsgericht noch leisten.

Wie kann man dieses juristische Ping-Pong beenden?

Die Allgemeinverfügungen von 2002 und 2003 sind mittlerweile in Karlsruhe beim Verfassungsgericht. Da bin ich zuversichtlich, dass die in Karlsruhe in der Form nicht standhalten. Daran werden dann auch die Polizeidirektionen und das OVG nicht vorbeikommen.

Wann ist mit einem Urteil des Verfassungsgerichts zu rechnen?

Ich gehe davon aus, dass bis Mitte nächsten Jahres eine Verhandlung stattfindet und zwei, drei Monate später das Urteil kommt.

Das aktuelle Urteil besagt auch, dass das Gewaltpotenzial der Demonstration nicht so groß ist, wie von der Polizei behauptet. Wieso?

Die Fakten haben sich geändert: Die Polizei verzeichnet in ihren Statistiken jedes Jahr weniger Sach- und Personenschäden und weniger gewalttätige Auseinandersetzungen. Das Problem ist auch, dass die Polizei sogar Aktionen als gewalttätig einstuft, die unter diese Kategorie nicht fallen. Zum Beispiel die Aktion mit der Wasserleitung unter den Straßen: Da wurden Leitungen gelegt, damit man kurz vor dem Transport die Straßen unterspülen kann. Das ist natürlich eine kriminelle Tat. Aber es ist keine Gewalttätigkeit. Und es ist schon gar keine Gewalttätigkeit im Zusammenhang mit einer Versammlung. Das habe ich am Donnerstag in der Verhandlung auch noch mal erklärt.

Interview: Klaus Irler