Gesicht zeigen! Auch im Tourismus

Reisen nach Peru und Südafrika: Der Studienkreis für Tourismus und Entwicklung prämierte auf der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin die diesjährigen Gewinner des To-do!-Wettbewerbs Sozialverantwortlicher Tourismus

VON JULIANE GANSERA

Betonierte Natur, Raubbau an den Regenwäldern und kahle Hänge an Österreichs Bergen. – Dass es auch anders gehen kann, beweisen die diesjährigen Gewinner des To-do!-2005-Wettbewerbs des Studienkreises für Tourismus und Entwicklung in Starnberg. Ziel des Wettbewerbs ist die Unterstützung eines sozialverantwortlichen Tourismus, der „die menschliche Würde, Sicherheit und Gerechtigkeit aller am Tourismus Beteiligten fördert“. Gesponsert wird der Preis durch die „Schweizerische Stiftung für Solidarität im Tourismus“ und die „Europäische Reiseversicherung“.

Ein Preis ging an Posada Amazonas, eine Vier-Sterne-Lodge in der peruanischen Regenwaldprovinz Madre de Dios. Diese entstand in enger Zusammenarbeit zwischen der Rainforest Expeditions und der Gemeinde Infierno. Die Idee ist: das Gebiet touristisch zu erschließen und bei der Bevölkerung ein Bewusstsein für den Schutz der natürlichen Ressourcen zu entwickeln. Die Mitglieder der Gemeinde verpflichteten sich vertraglich zum Schutz des Regenwaldes und seiner Tierwelt. Im Gegenzug profitieren sie von Ausbildungsmaßnahmen und Infrastrukturverbesserungen. Die Lodge vor Ort gehörte von Anfang an den Dorfbewohnern, die 60 Prozent des Reingewinns erhalten. Ab 2016 gehen der vollständige Gewinn sowie die Führung von Posada Amazonas an die Dorfbewohner über. Die nötige Ausbildung wird durch Rainforest Expeditions gewährleistet. Jedes ausgebildete Gemeindemitglied kann zwei Jahren auf der Lodge arbeiten, dann wird es entlassen, um anderen Dorfbewohnern die Ausbildung zu ermöglichen. Durch die neu erworbenen Qualifikationen hätten die Entlassenen allerdings gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt, erklärt Christian Adler in seiner Begründung für die Preisverleihung. Ausgenommen vom Rotationsprinzip sind Guides, die eine wesentlich umfassendere Ausbildung bekommen und zum Teil Fremdsprachen erlernen. Ein bilingualer Guide kann bis zu 1.000 Euro im Monat verdienen. Um eine größtmögliche Transparenz und Identifikation mit Posada Amazonas zu gewährleisten, beschäftigt das Projekt zwei communicatores. Sie besuchen einmal im Monat alle Bewohner der Gemeinde und tauschen sich mit ihnen über aktuelle Entwicklungen und Aktivitäten aus.

In Zusammenarbeit mit SKR Studien Kontakt Reisen aus Bonn entstand das Projekt Kuvona Cultural Tours in Südafrika – ein weiterer Preisträger. Im Vordergrund der Arbeit steht der Versuch, die durch Armut und Arbeitslosigkeit gezeichnete Provinz Limpopo im Nordosten Südafrikas touristisch zu erschließen. Einheimischen soll langfristig eine Zukunftsperspektive geschaffen werden. Um dabei die Ursprünglichkeit der Natur und Kultur nicht zu gefährden, fördert Kuvona Cultural Tours den Austausch zwischen den ortsansässigen Venda- und Shangaan-Stämmen. Durch die erfolgreiche Vermarktung einheimischer Produkte wie Schnitzereien, Batiktücher und Kunstgegenstände soll in der Bevölkerung ein neues Bewusstsein für die eigene Kultur entstehen. Die zweiwöchige Pauschalreise trägt den Namen „Gesichter Südafrikas“. Dabei wird den Reisenden neben der Kultur vor allem auch die landschaftliche Schönheit der Region vermittelt. Übernachtet wird in der 1995 von Eric und Paul Girardin gegründeten Shiluvari Lakeside Lodge. Die dort arbeitenden Angestellten sind alle schwarze Einheimische, denen die weiße Familie Girardin eine umfassende Ausbildung ermöglichte. Vater und Sohn Girardin sind ausgebildete Touristiker. Soziales Engagement gilt bei ihnen „als Familienkrankheit“. Ein Beispiel für Erfolg ist Betty Hlungwane. Die jetzige Lodge-Mangerin füllte vor dieser Tätigkeit Benzin in Autotanks.

Kuvona Cultural Tours wurde als erstes Unternehmen durch Fair Trade in Tourism South Africa (FTTSA) ausgezeichnet. Diese ebenfalls in Südafrika ansässige Organisation beurteilt touristische Angebote nach sozialen, kulturellen und ökonomischen Aspekten. Weiteres Kriterium ist die Einbindung der einheimischen Bevölkerung in die touristischen Konzepte. Die Zertifizierung durch die Organisation bietet Reiseunternehmern die Möglichkeit, mit der ländlichen Bevölkerung zusammenzuarbeiten, diese in das touristische Geschäft einzubeziehen. Als Non-Profit-Organisation erfüllt FTTSA nicht die Voraussetzungen für einen To-do!-Preis, der wirtschaftlich orientierte Unternehmen auszeichnet. Die Jury vergab deshalb erstmalig einen Special Award.

Die Preisverleihung wurde von Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin a. D., vorgenommen, die inzwischen Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages ist. In einer äußerst engagierten Laudatio wies sie auf die Bedeutung des Preises hin: „Ich finde es sehr gut, dass aus der Mitte des Tourismus ein Preis für sozialverantwortlichen Tourismus verliehen wird. Dieser Idee gehört auch ein Preis verliehen.“