Stelle frei im Busch

Eine Hamburger Arbeitslose soll einen Job im Regenwald von Uganda annehmen, obwohl das Auswärtige Amt vor Gefahren durch Rebellen warnt. Hartz-IV-Behörde spricht von „Versehen“

von Eva Weikert

„Ich freue mich, Ihnen folgende Arbeitsstelle vorschlagen zu können“, beginnt ein Schreiben der Hamburger Hartz-IV-Behörde (Arge), das Ulrike Nehls kürzlich erreichte: „Touristik-Fachkraft für Safaris zu Gorillas und Schimpansen“, las die 31-jährige Arbeitslose aus Hamburg-Altona weiter, Arbeitsort: Uganda. Bewerbe sie sich nicht „umgehend“, drohe Kürzung der Stütze. Nehls hat das Angebot gestern trotzdem ausgeschlagen, denn sie fürchtet um Leib und Leben: Wegen Gefahr durch Rebellen und terroristische Gruppen warnt das Auswärtige Amt vor Reisen in das afrikanische Krisenland.

In ihrem Vermittlungsangebot vom 24. Februar verlangt die Arge von Nehls, sich bei der „African Nature Conservation“ zu bewerben. Der deutsch-ugandische Veranstalter preist auf seiner Webseite Expeditionen durch die Regenwälder und Landschaften Ostafrikas an, „abseits der sonst üblichen Touristenpfade“. Die Vollzeitstelle sei sofort zu besetzen, schreibt die Arge, das Gehalt betrage 300 US-Dollar – umgerechnet 249 Euro. Ob Unterkunft, Verpflegung und Anreisekosten im Lohn inbegriffen sind, besagt der Behördenbrief nicht. Stattdessen mahnt auf der Rückseite die Rechtsfolgenbelehrung: Sei sie zur Bewerbung nicht bereit, müsse Nehls „in einer ersten Stufe“ mit 30-prozentiger Kürzung des Arbeitslosengeldes II rechnen.

Nehls ist ein Reiseprofi. Sie hat Tourismusmanagement studiert und war in Nordamerika, Australien und ganz Europa unterwegs. Zuletzt hat sie sich auf eine Stelle im Qualitätsmanagement eines Touristikers in Madagaskar beworben. „Ich bin eine Abenteurerin und für vieles zu haben“, sagt sie. Die Nationalparks Ugandas würde sie gern einmal sehen: „Die sind bestimmt wunderschön.“

Dass die Arge sie aber ohne Aufklärung über die Gefahrenlage und unter Androhung von Sanktionen dort hinschicke, nennt sie „ein Unding“ und verweist auf die Länderinformation des Auswärtigen Amtes. Nach zahlreichen Übergriffen auf Touristen rät Berlin unter anderem von dem Besuch mehrerer bekannter Nationalparks dringend ab (siehe Kasten).

Die Hartz-IV-Behörde beschwichtigt indes und versichert, das Angebot an sich sei rechtens gewesen. „Es ist ausgewählt worden, weil die Frau als Tourismusmanagerin für Auslandstätigkeiten in Frage kommt“, so Arge-Sprecher Uwe Ihnen zur taz. Lediglich die Rechtsfolgenbelehrung sei „versehentlich mit rausgegangen“. Da aufgrund der Gefahrenlage vor Ort und einer „offenbar niedrigen“ Bezahlung die Tätigkeit auch aus Behördensicht als nicht zumutbar gelte, hätte eine Drohung mit Kürzung nicht erfolgen dürfen, erklärt der Sprecher. Die zuständige Vermittlerin habe aber „leider die Umstände in Uganda nicht gekannt“.

Verschickt werden von den Vermittlern nicht nur Angebote von Stellen, welche sie selbst für „zumutbar“ halten – als Kriterien gelten beispielsweise Entlohnung und körperliche Belastung. „Ob eine Arbeit zumutbar oder nicht ist“, so Ihnen, „ist nicht unsere Sache.“ Das müsse der Arbeitslose schon selbst entscheiden. Im Übrigen werden auch bei Angeboten, die aus Behördensicht als akzeptabel gelten, Ausnahmen gemacht, wenn der Verweigerer „einen wichtigen Grund für sein Verhalten“ nachweisen kann.

Ulrike Nehls hat ihrer Absage an die Arge nur eine Kopie des Länderberichts des Auswärtigen Amtes beigelegt. „Der“, sagt sie, „erklärt sich von selbst.“