Handel mit Genmais bleibt vorerst unsichtbar

UN-Abkommen verschiebt genaue Kennzeichnung von Gen-Essen auf 2012. Umweltschützer halten das für zu spät

CURITIBA dpa/epd/taz ■ Eine Kennzeichnung für Genimporte kommt zu spät. So kritisierten gestern Umweltverbände weltweit die Ergebnisse der so genannten Cartagena-Konferenz, die letzte Woche im brasilianischen Curitiba zu Ende ging. Die Entscheidung war schon am Freitagabend gefallen: Die 132 Vertragsstaaten des Cartagena-Protokolls beschlossen, erst im Jahre 2012 eine verbindliche Kennzeichnungspflicht für Gen-Essen einzuführen.

Hinter dem Cartegena-Protokoll steckt ein internationales Abkommen, das regelt, wie Genprodukte gehandelt werden. Es wurde im Jahr 2000 in Cartagena, einem Ort in Kolumbien, verhandelt. Seit September 2003 ist es in Kraft. Die Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmittel ist darin auch schon heute geregelt. Danach reicht allerdings der Hinweis auf der Verpackung: „Kann gentechnisch veränderte Organismen enthalten“. Die Kann-Formulierung war ein Kompromiss – und den meisten Entwicklungsländern sowie den EU-Staaten nicht aussagekräftig genug. Deshalb sollte die Regelung auch nur für zwei Jahre gelten.

Doch auch bei den jetzigen Verhandlungen konnten sich die Kritiker der ungenauen Kennzeichnung nicht vollends durchsetzen: Der Hinweis: „enthält gentechnisch veränderte Organismen“ kommt erst 2012.

Bis dahin bleibt es jedem Land überlassen, ob es für seine Exporteure strengere Regeln vorsehen will. Mariane Lisboa vom Netzwerk Gentechfreies Brasilien sieht in dieser Möglichkeit aber nur eine „moralische, keine reale Verpflichtung“. Kaum ein großer Agrarexporteur werde freiwillig ein System zur Identifizierung von Gentech-Lebensmitteln einführen.

Auch die europäische Umweltorganisation Friends of the Earth hält die Vereinbarung nur für einen „kleinen Schritt vorwärts“. Handelsinteressen und die Biotech-Industrie hätten ein striktes Abkommen verhindert.

Greenpeace machte die USA, Kanada und Argentinien für den schwachen Kompromiss verantwortlich. Diese Länder gehören zu den größten Exporteuren von Genmais oder Gensoja. Sie haben das Cartagena-Protokoll zwar nicht unterzeichnet, doch, so vermuten die Umweltschützer, hätten die drei über Mexiko und Paraguay Einfluss auf die Konferenz genommen.

Mexiko hatte lange gezögert, die Kennzeichnungspflicht ab 2012 mitzutragen. Die Vertreter des mittelamerikanischen Landes stimmten erst zu, als sich die Delegierten auf eine Ausnahmeregelung geeinigt hatten: Staaten, die wie die USA das Cartagena-Protokoll nicht unterzeichnet haben, sind von der Kennzeichnungspflicht auch nach 2012 ausgenommen. Für den deutschen Verbraucher hat die Regelung keine Auswirkungen. Denn die Gen-Kennzeichnung innerhalb der EU geht über das Cartagena-Protokoll hinaus. AD