Von Kindern lernen

Die Kreativität der Jüngsten ausnutzen, das machen Finnlands Lehrbeauftragte bereits seit den 70er-Jahren, in denen eine weitgehende Schulreform das verstaubte System umkrempelte. Einer der Vordenker der für deutsche Verhältnisse ungewöhnlichen Lernideen ist Matti Meri, Lehrerbildner an der Uni Helsinki. „Das Individuum lernt, sich selbst zu evaluieren“, sagt er. Ziel der finnischen Pädagogen ist es, so berichtete Meri bei einem Berliner Ganztagsschulkongress, die Kinder von Beginn an kreativ in den Lernprozess einzubeziehen und sie herauszufordern. Finnischen Erstklässlern kann es am ersten Schultag passieren, dass sie in einen völlig leeren Klassenraum treten. Das hat durchaus Methode: Es konfrontiert die Kinder mit dem Ungewöhnlichen, Irritierenden und Verwunderlichen – und provoziert sie, eigenständig damit umzugehen, etwa Tische und Stühle nach eigenem Empfinden aufzustellen. So beginnt ein individueller Prozess, der das Mitdenken der Kinder fördert. Matti Meri spricht gern von „Studienumgebungen“ statt von „Lernumgebungen“ – Fantasie und divergentes Denken werden angeregt, anstatt die Inhalte fachspezifisch durch bloßes Wiederholenlassen einzutrichtern. Grundlage diese Idee ist die ganz andere Rolle der Lehrer. Sie sind immer auch Lernende und begreifen die Schüler als Forscher und Quellen neuen Wissens. In Finnland, das bei der Pisa-Studie beeindruckende Ergebnisse erzielt hat, genießt der Lehrerberuf hohes Ansehen. jz

Matti Meri spricht am 26. 4. beim Hamburger Bildungsdiskurs. KörberForum, Kehrwieder 12