WAS KOMMT, WENN TONY BLAIR ÜBER DIE PARTEIFINANZIERUNG STOLPERT?
: Das Gleiche in Brown

Warum wundern man sich in der britischen Labour Party eigentlich über die Heimlichtuerei ihres Premierministers bei der Parteifinanzierung? Tony Blair hat gleich nach seinem Amtsantritt als Labour-Chef 1994 begonnen, seine Partei zu „reformieren und modernisieren“. Was er damit meinte, wurde schnell klar: Parteiapparat, Gewerkschaften und der linke Flügel wurden entmachtet, die Kontrolle über die Regierungspolitik behielt er sich allein vor. Das galt auch für die Parteifinanzierung.

So muss Blair die Sache nun auch allein ausbaden. Stets hat er betont, dass er gehen werde, sollte er zum Wahlrisiko für seine Partei werden. Meinungsumfragen deuten darauf hin, dass Labour bei den Kommunalwahlen in sechs Wochen schwere Verluste wird einstecken müssen. Doch Blair hat schon einen weitaus größeren Skandal als diese Parteifinanzierungsaffäre überstanden: Er hat sein Land mit Lügen in den Irakkrieg getrieben.

Beim Irakkrieg war er sich mit seinem designierten Nachfolger, Schatzkanzler Gordon Brown, jedoch einig. Und Brown wusste auch von den geheimen Krediten, die in Wahrheit keine Kredite sind. Wie sollen die Parteien denn Geld zurückzahlen, das sie im Wahlkampf ausgegeben haben? So werden die Gläubiger die verliehenen Summen irgendwann als Verluste abschreiben, um ihre Steuerlast zu mindern. Im Endeffekt werden die Parteien also vom Staat mitfinanziert – eine Vorstellung, die drei Viertel der Bevölkerung nicht behagt, weil das gegen das Fairplay verstoße.

Schon 1994 hätte Brown Labour-Chef werden können: Er ist Blair intellektuell überlegen, ein besserer Stratege und versteht etwas von Wirtschaftspolitik. Aber er wirkt mürrisch, und deshalb gab seine Partei damals Blair den Vorzug. Die Tories wiederum haben mit David Cameron einen Parteiführer gewählt, der Blair von 1994 ähnelt.

Wahrscheinlich ist jedoch, dass Blair wie angekündigt noch bis 2008 weitermacht. Dann könnte sein designierter Nachfolger Brown als am längsten amtierender Schatzkanzler und als am kürzesten amtierender Premierminister in die britische Geschichte eingehen. RALF SOTSCHECK