Kongo: Neuer Wirbel um deutsche Mine

Bergbauministerium in Kinshasa wirft österreichischer Firma, die Anspruch auf ein deutsches Bergwerk im ostkongolesischen Kriegsgebiet erhebt, Dokumentenfälschung vor. Jetzt will Kongo mit Deutschland die Zukunft der Mine Lueshe klären

AUS KINSHASADOMINIC JOHNSON

Wo genau in der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa befindet sich Kongos Bergbauministerium? Die Antwort darauf könnte über den Ausgang der neuesten Wendung in einem Minenstreit mit deutscher Beteiligung mitentscheiden. Denn die Beamten des Ministeriums werfen der österreichischen Firma „Krall Metal Congo“ vor, mit einer plumpen Fälschung versucht zu haben, sich selbst die Rechte an einem lukrativen Bergwerk im Osten des Landes zuzuschanzen – einem Bergwerk, an dessen Betreiberfirma „Somikivu“ Deutschland den Mehrheitsanteil hält. Die österreichische Firma widerspricht dem Fälschungsvorwurf unter Verweis auf die Übergabe des Dokuments durch angebliche Ministerialmitarbeiter. Kongos Regierung fordert nun von der deutschen Bundesregierung Klarheit.

Objekt des Streits ist die Mine Lueshe in der ostkongolesischen Provinz Nord-Kivu, wo das Erz Pyrochlor gefördert wird, aus dem Niobium gewonnen wird. Dieses Metall findet ähnlich wie das verwandte Tantalum Anwendung in der Computertechnologie. Während des Kongokrieges 1998–2003 war Lueshe die einzige industriell betriebene Mine Ostkongos und von erheblicher strategischer Bedeutung.

Zur Ausbeutung der Mine Lueshe war 1982 die „Société Minière du Kivu“ (Somikivu) als Joint-Venture des damaligen Zaire mit der Nürnberger „Gesellschaft für Elektrometallurgie“ (GfE) entstanden. Die GfE hielt 70 Prozent der Anteile. 1993 wurde Lueshe aufgrund kriegerischer Auseinandersetzungen geschlossen. Die GfE zog sich zurück. Doch ihr Mitarbeiter Karl-Heinz Albers führte Somikivu vor Ort weiter, und während des Krieges öffnete er die Mine wieder, unter Schutz der von Ruanda gestützten Rebellen in der Region. Von 2000 bis zur erneuten Schließung 2003 förderte Somikivu über 3.000 Tonnen Pyrochlor.

Im Jahre 1999 hatte der damalige kongolesische Präsident Laurent-Désiré Kabila jedoch die Rechte an Lueshe an das österreichische Unternehmen Krall vergeben, obwohl er den Ostkongo nicht mehr kontrollierte. Nach dem Friedensschluss 2003 drängten die Österreicher daher darauf, die Mine zu übernehmen. Vergeblich: Verträge aus Kongos Kriegszeiten, zumal für Gebiete außerhalb des Herrschaftsbereiches des Unterzeichners, gelten in Kongos Frieden heute als wertlos, und 2004 bestätigte Kongos Allparteienregierung Somikivu als Eigentümer der Mine. Der deutsche Somikivu-Geschäftsführer Albers war mittlerweile Pleite gegangen. Somikivu wird heute vom mächtigsten Geschäftsmann in Nord-Kivus Provinzhauptstadt Goma geführt, Modeste Makabuza.

Doch Krall ließ nicht locker, und Ende 2005 nahm der Fall eine neue Wendung. Zwischen Weihnachten und Neujahr soll Kongos Bergbauminister Ingele Ifoto per Erlass Somikivu sämtliche Rechte entzogen und Krall zugesprochen haben. Der Erlass, der der taz vorliegt, steht auf ministeriellem Briefpapier mit dem Datum 28. Dezember 2005.

Kongos Bergbauministerium sagt: Der Erlass ist eine Fälschung. Am 20. Januar 2006 erhob der Minister Klage gegen Unbekannt wegen „Veröffentlichung eines gefälschten Ministerialerlasses“. In einem Schreiben an Kongos Generalstaatsanwaltschaft stellt der Bergbauminister klar: „Ich habe nie einen solchen Erlass unterschrieben.“

Der zuständige Referent im Bergbauministerium, Matshafu Bin Swedi, stellt gegenüber der taz klar: Krall „hat sich seinen Eigentumstitel selber geschrieben“. Die Fälschung sei „frech und dreist“ und aus Formulierungsfehlern leicht zu erkennen. Die Nummer des Erlasses sei bereits für einen anderen Vorgang verwendet worden, für einen amtlichen Vorgang zu Lueshe fehle jeglicher Schriftverkehr. Krall Metal Congo habe nicht einmal eine Adresse im Kongo und sei kein seriöser Partner.

Kralls Geschäftsführer Thomas Eggenburg in Wien hält dem entgegen, die Firma sei 2004 per Erpressung aus dem Kongo herausgeekelt worden, und stellt sich als Opfer einer Intrige dar. Die Unterschrift des Ministers sei tatsächlich „dilettantisch gefälscht“, sagt Eggenburg gegenüber der taz. Im Januar hatte sich Krall Metal Congo noch schriftlich gewehrt: Man habe das Schriftstück „aus den Händen zuständiger Mitarbeiter des Bergbauministeriums im Gebäude des Bergbauministeriums erhalten“. Das Bergbauministerium hat allerdings kein eigenes Gebäude, sondern residiert in Kinshasa in der dritten Etage eines Bürohochhauses mit viel Kundenverkehr. Bin Swedi sagt weiter, die Vertreter Kralls hätten auf Anfrage mitgeteilt, der Erlass sei ihnen gegen 25.000 Dollar im Erdgeschoss ausgehändigt worden. Das wiederum bestreitet Eggenburg, distanziert sich aber zugleich von seinem lokalen Vertreter Mark Patzelt, einem Australier. So ist auch möglich, dass die Firma Krall gelinkt wurde.

Somikivu existiert jedenfalls weiter, betont das Ministerium. Doch nun müsse Deutschland endlich aktiv werden, um das Unternehmen zu retten. Denn Lueshe liegt seit zweieinhalb Jahren still, und bei neuen Kämpfen im Februar wurde die Minenzentrale vor Ort von der Armee leer geplündert. Neue Investitionen sind überfällig. Doch bislang sei nicht einmal klar, ob der 70-prozentige deutsche Mehrheitsanteil noch der Nürnberger GfE gehöre oder der Bundesregierung, heißt es im Bergbauministerium. Man würde gerne den Mehrheitsanteil kaufen. Wenn man denn in Deutschland einen Ansprechpartner hätte.