Magnet zieht Geld aus Solarforschung ab

Am Hahn-Meitner-Institut soll der für Sonnenenergie zuständige Bereich einen teuren Hochleistungsmagneten mitbezahlen. Dabei kommt dieser vor allem der Arbeit mit einem atomaren Forschungsreaktor zugute. Borgen sei üblich, sagen Experten

VON NICK REIMER

Am Berliner Hahn-Meitner-Institut (HMI) sollen offenbar Mittel für die Solarforschung aus dem ursprünglich vorgesehen Bereich abgezogen und für die Arbeit mit einem atomaren Forschungsreaktor ausgegeben werden. Der taz vorliegende Dokumente belegen, dass ein Hochleistungsmagnet für 21 Millionen Euro angeschafft werden soll. Fachleute bezweifeln, dass dieser nur ansatzweise für solare Förderung benötigt wird – trotzdem wird die Rechnung zum Teil aus dem Solartopf bezahlt. Wörtlich heißt es in den betriebsinternen Unterlagen: „Kürzlich wurde am HMI ein trotz ständigen Personalmangels nicht ausgegebener größerer Geldbetrag aus den Personalmitteln als Zuschuss für den Hochleistungsmagneten abgebucht“.

Das Bundesumweltministerium gibt jährlich 83 Millionen für solare Forschung, das Bundesforschungsministerium weitere 10 Millionen Euro. Dem Forschungsverbund Solarenergie gehören 9 Einrichtungen an, das Frauenhofer-Institut für solare Energiesysteme in Freiburg ist mit seinen 400 Mitarbeitern das größte in Deutschland. Auf Platz zwei: das Berliner Hahn-Meitner-Institut, dass zu 90 Prozent vom Bund, zu 10 Prozent vom Land finanziert wird. Zwei Bereiche arbeiten so nebeneinander: „Struktur der Materie“ der eine, „Solare Forschung“ der andere.

Für die Forscher des ersten Bereiches, die für ihre Arbeit auch einen Forschungsreaktor zur Erzeugung von Neutronenstrahlung nutzen, soll nun der Hochleistungsmagnet angeschafft werden. Allein kann der Bereich das aber nicht bezahlen. Die „Solare Forschung“ soll dem Schwesterbereich das Geld kurzfristig borgen.

Bauchschmerzen macht den Solar-Forschern, dass es nicht nur kurzfristig um 5,6 Millionen Euro gehe. Hinzu käme, dass allein die Betriebskosten des Magneten mit geschätzten 3 Millionen Euro in etwa so hoch sind wie die gesamten Investitions- und Verbrauchsmittel der Solar-Sparte.

„Das Verfahren des ‚Borgens‘ ist nicht unüblich“, urteilt allerdings Gerd Stadermann, Chef des Forschungsverbundes Solarwirtschaft, früher selbst Forscher am Hahn-Meitner-Institut und – nach eigener Aussage – „glühender Anhänger solarer Forschung“. Richtig sei, dass nach wie vor zu wenig Geld in dieses Arbeitsfeld gesteckt wird. Stadermann: „Wenn aber Wissenschaftsbereich A Bereich B kurzfristig unter die Arme greift, ist das alles andere als ein Skandal.“

„Der Vorwurf, die Mittel der Solarförderung würden entfremdet oder gekürzt, ist ganz und gar haltlos“, sagt denn auch Prof. Michael Steiner, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Hahn-Meitner-Institutes. Klar sei, dass Mittel, die jetzt für die Anschaffung des Magneten genutzt würden, „später in den Bereich der Solar-Forschung zurückfließen müssen“.

Und was, wenn dies nicht gelingt – wie einige Mitarbeiter befürchten? Die kolportierten Summen stimmten nicht, erklärt Steiner. Der Chef: „Wir bemühen uns, so viel Geld von außen einzuwerben, dass der andere Bereich nicht in Gefahr gerät.“