Neuer Prozess wegen Mai-Randale

GERICHT Mutmaßlicher Flaschenwerfer verweigert die Aussage. Zwei Polizisten belasten ihn schwer

Er lächelte nur selten in Richtung Publikum, ab und zu unterhielt er sich mit seiner Übersetzerin – doch eine Aussage verweigerte Christian P. am Mittwoch vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, am 1. Mai 2009 insgesamt 17 Flaschen auf Polizisten geworfen haben. Seit seiner Festnahme in der Nacht zum 2. Mai sitzt der 30-jährige Italiener in Untersuchungshaft.

Bereits im Oktober war der Sozialarbeiter aus Rom vom Amtsgericht wegen Landfriedensbruch zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden. Doch weil er einen Freispruch erreichen wollte, legte er Berufung ein; genau wie die Staatsanwaltschaft: Sie forderte eine Strafe von drei Jahren.

Zum Auftakt des Wiederholungsprozesses im Kriminalgericht Moabit traten zwei Polizisten als Zeugen auf. Beide sagten aus, sie hätten den Beschuldigten über einen längeren Zeitraum während der Ausschreitungen beobachtet und anhand seines Pullovers wiedererkannt. Die Polizisten erklärten, sie hätten gesehen, wie Christian P., mit einem schwarzen Tuch vermummt, Glasflaschen von der Straße aufgehoben und gezielt auf Polizeibeamte geschleudert hätte. In mindestens sieben Fällen seien Beamte an Oberkörper oder Hals getroffen worden, berichtete einer der Zeugen. Ob ein Beamter durch die Würfe verletzt wurde, sei nicht festzustellen gewesen. Doch die Aussagen der beiden Zeugen widersprachen sich teilweise: Bei der Vernehmung des zweiten Polizisten wurde deutlich, dass die Zahl der Flaschenwürfe unsicher ist.

Die Mai-Ausschreitungen 2009 gehörten zu den schwersten seit Jahren. 479 Polizisten wurden zum Teil schwer verletzt, 289 Personen festgenommen. Für Aufsehen hatte der Fall der Schüler Yunus K. und Rigo B. gesorgt, die nach monatelanger U-Haft freigesprochen wurden. Ihnen war wegen des angeblichen Wurfs eines Molotowcocktails versuchter Mord vorgeworfen worden. Der Prozess gegen Christian P. wird Mitte April fortgesetzt. SEBASTIAN KEMPKENS