DIE KLEINE WORTKUNDE
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Bauern, die mit Fackeln und Heugabeln bewaffnet losziehen, um imaginierte Hexen, Monster und andere Unangepasste zur Strecke zu bringen – ganz so weit wie in diesem Klischeebild eines Mobs ist die derzeitige Situation in Berlin-Hellersdorf zum Glück noch nicht.

Trotzdem: Immer wieder werden die Rechtsextremen, die seit Wochen gegen das neu eröffnete Asylbewerberheim protestieren, als „rechter MOB“ bezeichnet. Trifft dies wirklich zu?

„Mob“ (aufgeputschte, randalierende Menschen- oder Volksmenge) wurde ab der Hälfte des 18. Jahrhunderts aus dem Englischen entlehnt und zuerst nur mit Aufständen in England in Verbindung gebracht. Das englische „mob“ (Pöbel, Gesindel, ungeordnete Menge) ist eine Verkürzung des im 17. Jahrhundert gebrauchten „mobile“ (gleiche Bedeutung), das auf das lateinische „mobile vulgus“ (schwankende, wankelmütige Volksmasse) zurückgeht.

Per definitionem ist ein Mob eine Gruppe, die ohne erkennbare Führung zusammen agiert und kurzfristige Ziele (zum Beispiel Plünderung, Lynchen) verfolgt. Vor allem ist ein Mob schnell vorbei, nachdem er sich entladen hat. Dass es sich bei den rechten Demonstranten um Gesindel handelt, trifft zwar ohne Zweifel zu, aber ein Mob sind sie nicht, denn sie treten organisiert und dauerhaft auf. Der Begriff „Mobbing“ scheint hier angebrachter zu sein – Handlungen einer verschworenen Gruppe, die über lange Zeiträume hinweg versucht, das Objekt ihres Ressentiments wegzuekeln.

ERIK WENK