Arbeitslose auf Jobsuche
: Nicht faul, unterbezahlt

Das Lied von den faulen Arbeitslosen haben die deutschen Landwirte jahrelang gesungen: Unmotiviert seien die, an harte Arbeit nicht gewöhnt, zu träge zum Aufstehen. Nötig seien deshalb zupackende Erntehelfer aus Osteuropa. Plötzlich aber zeigt sich: Der Ernteeinsatz der Osteuropäer, vor allen der polnischen Saisonkräfte, basierte einzig auf dem Prinzip der Ausbeutung zum gegenseitigen Nutzen.

KOMMENTAR VONANDREAS WYPUTTA

Mit Beginn dieses Jahres müssen auch polnische Arbeitskräfte Beiträge zur Sozialversicherung zahlen – und das, der Europäischen Union sei Dank, in Höhe der in Polen üblichen Sätze. Und plötzlich bangen immer mehr deutsche Bauern um ihre Existenz: Konkurrenzfähig waren sie nämlich nur durch Sozialdumping. Um die Osteuropäer bei gleichen Löhnen, aber sozialversichert zu beschäftigen, müssen die Landwirte plötzlich knapp 50 Prozent mehr zahlen – was den Spargel und die Erdbeeren entsprechend verteuern dürfte.

Denn plötzlich zeigt sich: Sinken die Löhne für die osteuropäischen Saisonkräfte massiv, haben die auch keine Lust mehr auf den hochgelobten Ernteeinsatz auf deutschen Feldern, ziehen einfach weiter nach Großbritannien oder Schweden, wo schlicht mehr gezahlt wird. Ein Geschäft war die nicht versicherte Saisonarbeit auch für die Osteuropäer: Sie waren zwar billig für die deutschen Bauern, verdienten aber immer noch vier- bis fünfmal mehr als in ihren Heimatländern. Kein Wunder, dass sie deshalb als hoch motiviert gelten.

Die deutschen Landwirte aber wollen noch immer an das Märchen der grundsätzlich faulen Arbeitslosen aus Deutschland glauben. Tausender Freiwilliger zum Trotz klagen sie noch immer über die mangelnde Leistungsbereitschaft vieler Arbeitssuchender – und kommen nicht auf die Idee, faire, existenzsichernde Löhne zu zahlen. Helfen kann da nur ein staatlich garantierter Mindestlohn.