Missbrauch in DDR-Heimen

TORGAU Ehemalige Heimkinder sagen, dass sie von Erziehern sexuell missbraucht wurden

BERLIN dpa/apn | Auch in staatlichen Heimen der DDR hat es offenbar zahlreiche Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen gegeben. Die Leiterin der Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau, Gabriele Beyler, sagte dem Tagesspiegel, bei ihr hätten sich bislang 25 ehemalige Insassen von DDR-Kinderheimen gemeldet, die von sexuellen Übergriffen berichteten.

Manche Fälle seien auch in Akten notiert worden. „Es gibt in Stasi-Unterlagen Hinweise darauf“, sagte Beyler der Nachrichtenagentur dpa. Sie hatte Mitte März unter dem Eindruck der Missbrauchsfälle in Berlin und in den alten Bundesländern Betroffene aufgerufen, über entsprechende traumatische Erlebnisse in DDR-Heimen zu berichten.

Die 25 ehemaligen Heimbewohner, die sich bisher bei Beyler und dem Bundestagsabgeordneten Manfred Kolbe (CDU) bisher meldeten, sprechen von massiven sexuellen Übergriffen durch ihre Erzieher. „Die Opfer waren damals zwischen 6 und 17 Jahre alt und sind heute zwischen 40 und 50“, sagte Beyler. „Es ist wichtig, auch diesen Teil der Vergangenheit, der in den Heimen passiert ist, aufzuklären.“ Der Missbrauch sei aber nur eine Facette dessen, was den Kindern und Jugendlichen in den Heimen angetan worden sei.

Zuletzt gab es in der DDR 474 staatliche Heime. Am meisten Unrecht geschah in den „Spezialheimen“, zu denen auch der geschlossene Jugendwerkhof Torgau zählte.

Die Gedenkstättenleiterin Gabriele Beyler und der CDU-Politiker Kolbe, in dessen Wahlkreis Torgau liegt, haben Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) in einem Brief aufgefordert, Vertreter der Gedenkstätte Torgau am geplanten runden Tisch zur Aufarbeitung der sexuellen Übergriffe zu beteiligen, der am 23. April erstmals tagen soll. „Wir müssen die Fälle in Ost und West zeitgleich aufklären“, sagte Beyler.