Atomausstieg selber machen!

Eine Gemeinschaftskampagne der großen Umweltverbände empfiehlt nur „echten“ Ökostrom

Die Zustimmung zu Ökostrom ist groß. Und langsam, aber stetig wächst auch die Bereitschaft der Stromkunden, selber etwas zu tun und den Versorger zu wechseln. Zwei Millionen Haushalte beziehen in Deutschland Ökostrom. Ein Teil von ihnen bekommt „echten“ Ökostrom“, wie Florian Noto es nennt. Florian ist der Koordinator der Kampagne „Atomausstieg selber machen“ (ASM) und erklärt, was „echten“ Ökostrom auszeichnet: „Es ist gut, wenn die Menschen Strom aus erneuerbaren Energien beziehen. Wichtig ist aber darüber hinaus, dass sich die Ökostromversorger wirklich für die Energiewende einsetzen und in erneuerbare Energien investieren.“ Manche Anbieter handelten nur mit Zertifikaten oder mit Strom aus alten, bereits bestehenden Wasserkraftwerken. Wenn die Betreiber dann die Gelder, die sie mit der Ökostromrechnung einnehmen, in den Bau von Kohlekraftwerken oder die Weiterentwicklung von Atomanlagen investieren, sei das natürlich nicht im Sinne der Kunden. Deshalb hat die Kampagne ASM strenge Kriterien formuliert, damit der Wechsel zu einem Ökostromanbieter auch wirklich der Umwelt zugutekommt. „Wir haben das Argument durchgesetzt, dass ‚echter‘ Ökostrom nur von Unternehmen kommen kann, die sich glaubwürdig für die Energiewende engagieren. Die Ökostromanbieter, die wir empfehlen, sind unabhängig von den großen Atomkonzernen“, erklärt Florian.

Damit die Argumente für „echten“ Ökostrom auch Gehör finden, ruft ASM dazu auf, sich im Bekanntenkreis für Ökostrom zu engagieren. „Der Wechsel zu Ökostrom ist gar nicht schwer“, betont Florian. Wer einmal die Ummeldung vollzogen habe, könne seinen Freunden und Bekannten am besten erklären, wie unkompliziert das geht. Statt nur zu „missionieren“, lädt man Freunde und Bekannte zu einer Stromwechselparty ein, macht etwas zu essen, zeigt einen Film oder bereitet einen Vortrag zum Thema vor. „Einen Energieexperten oder eine -expertin einzuladen, der oder die für Fragen zur Verfügung steht, kommt auch immer gut an“, empfiehlt Florian. Der Rest ist einfach: Alle bringen ihre letzte Stromrechnung mit, und dann wird gewechselt.

Das Konzept scheint zu funktionieren. In den letzten 3 Jahren gab es hunderte von meist privaten Stromwechselpartys. Und auch wenn das Ganze ein bisschen nach Tupperparty klinge, organisieren Menschen jeden Alters solche Partys, weiß Florian zu berichten.

Neben den strengen Kriterien für echten Ökostrom empfiehlt ASM nur Anbieter, die bundesweit vertreten sind. Für eine bundesweite Kampagne ist das durchaus sinnvoll, führt aber auch immer mal wieder zu Kritik. Denn es gibt auch regionale Anbieter, die den Kriterien von ASM entsprechen würden. „Bei vielen Stadtwerken hat tatsächlich ein Umdenken eingesetzt“, gibt Florian zu. „Manche kaufen keinen Atomstrom mehr, investieren in erneuerbare Energien und haben sich ein Ziel gesetzt, bis wann sie alle Kunden mit Strom aus neu errichteten Ökokraftwerken versorgen wollen.“ Noch immer gehören aber einige Stadtwerke zu einem Konzern wie RWE oder EnBW. Manche Stadtwerke investieren auch heute noch in klimaschädliche Kohlekraftwerke statt in erneuerbare Energien.

Die Kampagne „Atomausstieg selber machen“ wurde Ende 2006 gegründet. Anlass war damals der Antrag des Stromkonzerns RWE, Reststrommengen auf den Block A des AKW Biblis zu übertragen. So sollte die Laufzeit von Biblis A bis ins Jahr 2011 verlängert werden. Die Umweltverbände warfen RWE „Wortbruch“ vor, denn gemäß dem sogenannten Atomkonsens sollte das Kraftwerk Ende 2009 endgültig abgeschaltet werden. Eine logische Reaktion der Umweltverbände war ASM. „Wenn die Atomkonzerne ihre Zusagen nicht einhalten, müssen wir den Atomausstieg eben selber machen“, findet Florian.

Wer sich für Ökostrom interessiert, kann bei ASM ein Infopaket bestellen und sich bei der Ökostrom-Hotline (08 00) 7 62 68 52 beraten lassen. Wer aktiv werden und andere überzeugen will, kann auch kostenlos Flugblätter, Aufkleber und Plakate bestellen. Auf der Website von ASM findet sich auch ein Aktionsleitfaden für Stromwechselberater und Aktivisten. Als nächster Termin steht die „Auftakt-Menschenkette“ in Berlin auf dem Programm von ASM. Hier wird dann aktiv für Ökostromwechsel geworben. JAL

Termin: 10. April – Auftakt-Menschenkette in Berlin

Viele zehntausend Menschen wollen am Samstag, den 24. April eine 120 Kilometer lange Aktions- und Menschenkette vom Pannenreaktor Krümmel über Hamburg bis zum AKW Brunsbüttel bilden. Die Auftakt-Menschenkette soll zur Großaktion mobilisieren und Anlass zu bundesweiten Presseberichten geben. Gleichzeitig soll auch hier ein kraftvolles Signal für den Atomausstieg gesetzt werden.

Start: 11 Uhr

■ Treffpunkt: Vor der Vattenfall-Zentrale in Berlin-Mitte, Chausseestraße Ecke Zinnowitzer Straße (U6, Haltestelle Naturkundemuseum)

Im Netz:

atomausstieg-selber-machen.de