MARC ENGELHARDT ÜBER DEN ZUNEHMENDEN RASSIMUS IN SÜDAFRIKA
: Tragischer Tod eines Faschisten

Eugène Terreblanche ist kein Mann, dem man Tränen nachweinen mag. Der Chef der „Afrikaner Weerstandsbeweging“, der gern vor einem nachgeahmten Hitlerbanner posierte und von seinen Anhängern „Führer“ genannt wurde, war ein Faschist durch und durch. Einen schwarzen Farmarbeiter prügelte der als unberechenbar und cholerisch geltende Terreblanche so brutal zusammen, dass er beinahe starb. Schwarze an der Macht in Südafrika zu beteiligen war für ihn ein Sakrileg: Es waren seine paramilitärischen Truppen, die in südafrikanischen Städten zündelten, um die Demokratisierung des Landes zu verhindern.

Es fällt schwer, die Ermordung von Terreblanche als tragisch zu bezeichnen. Doch genau das ist sie. Denn der Tod des Faschisten Terreblanche ist ein weiteres Zeichen dafür, dass die als toleranter Vorbildstaat gegründete Regenbogennation zu implodieren droht. Ein Scharfmacher wie ANC-Jugendführer Julius Malema, der darauf besteht, eine Hymne mit der Zeile „Bringt den Buren um“ anzustimmen, ist für die Polarisierung im Land ebenso verantwortlich wie Rassisten aus Terreblanches Bewegung, die jetzt mit Vergeltungsschlägen drohen. Dass ausgerechnet der populistische Präsident Jacob Zuma, der im Wahlkampf mit seinem eigenen Kampflied, ‚Gebt mir das Maschinengewehr‘, auf Stimmenfang ging, die Lage beruhigen kann, ist unwahrscheinlich.

Die Fronten verlaufen nicht zwischen Schwarz und Weiß. Die Hoffnungen, die die schwarze Bevölkerungsmehrheit nach 300 Jahren Unterdrückung hatte, haben sich nur für eine kleine Elite erfüllt. Die Mehrheit lebt nach wie vor unter ärmlichen Bedingungen. Lösungen für die drängendsten Probleme der ungleichen Landverteilung, der zunehmenden Arbeitslosigkeit und der sich weitenden Schere der Ungleichheit sind nicht in Sicht. Kriminalität und Gesetzlosigkeit nehmen zu, vor allem in den Townships. Seit Ende der Apartheid dürften rund 3.000 weiße Farmer ermordet worden sein, doch jeden Tag werden in Südafrika auch gut 50 andere Menschen getötet – die meisten sind schwarz. In den Townships jagen hoffnungslose Jugendliche Flüchtlinge aus Simbabwe und Somalia, denen Südafrikas Verfassung Asyl zusichert. Vergangenes Jahr rief ein Gewerkschaftsführer offen dazu auf, Ausländer zu vertreiben, um Jobs für Südafrikaner zu sichern.

Frei sein, so hat Nelson Mandela einmal gesagt, bedeute nicht nur, seine Ketten abzuwerfen, sondern auch so zu leben, dass die Freiheit anderer geachtet wird und wächst. Der Mord an Terreblanche ist ein Beleg dafür, wie weit sich die Regenbogennation in den letzten zwanzig Jahren von den Idealen ihres Gründungspräsidenten entfernt hat.

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