Strafe für Kritik an Regierung und Präsident

Im Nordirak wird der Österreicher Kerim in einem zweiten Verfahren zu anderthalb Jahren Haft verurteilt

ERBIL taz ■ Ein kurdisches Gericht hat einen österreichischen Juristen und Publizisten gestern zu anderthalb Jahren Haftstrafe verurteilt. Das Zivilgericht in Erbil sah es als erwiesen an, dass Kamal Kadir Kerim, der vor Jahren nach Österreich geflohen war, mit seinen Schriften Staatsorgane und Politiker in Kurdistan diffamiert und beleidigt hat. In Artikeln, die auf einer in Schweden angemeldeten Website erschienen, hatte Kerim schwere Vorwürfe gegen die Provinzregierung und gegen die Familie des kurdischen Präsidenten Masud Barzani und den Partei-Geheimdienst Parastin erhoben. Als Kerim im Herbst in seine Geburtsstadt Erbil zurückkehrte, wurde er festgenommen und später wegen Gefährdung der nationalen Sicherheit zu zweimal 15 Jahren Haft verurteilt.

Das drakonische Strafmaß wurde nach heftigen Protesten vom Kassatationsgerichtshof kassiert und an das Zivilgericht verwiesen. Sein Anwalt Govand Baban kündigte Berufung gegen das neue Urteil an. Paragraf 433 des irakischen Strafgesetzes, gemäß dem Kerim verurteilt wurde, könne nur bei Individualklagen angewandt werden, sagte Baban. Die vermeintlich beleidigte Person oder ihre Anwälte müssten in diesem Fall vor Gericht erscheinen. Auch habe das Gericht nicht gewürdigt, dass Kerim österreichischer Staatsbürger sei und seine Artikel im Ausland erschienen. INGA ROGG