Das angebliche Fehlen der Kontrolle

SPD & CDU GEGEN ENERGIETISCH

Die SPD ist vor der CDU in die Knie gegangen

Am Donnerstagabend stand SPD-Fraktionschef Raed Saleh vor einer Fernsehkamera und sagte: „Wir haben die wesentlichen Ziele der Sozialdemokratie durchgesetzt.“ Er meinte damit – kein Witz! – die zuvor von SPD und CDU gemeinsam verabschiedete Resolution zum Energie-Volksentscheid.

Tatsächlich ist Salehs Fraktion in einer zentralen sozialdemokratischen Glaubensfrage vor der CDU kläglich in die Knie gegangen: Energierekommunalisierung? Denkste!

Am erstaunlichsten ist die zentrale Begründung der Ablehnung des Energietisch-Gesetzentwurfs: Für Stadtwerk und Stromnetzgesellschaft würde es „keinerlei öffentliche Kontrolle“ durch Abgeordnetenhaus und Senat geben. Zwei Senatsmitglieder, sieben Arbeitnehmer und sechs direkt gewählte Bürger will der Energietisch in die Aufsichtsgremien der beiden Landesunternehmen setzen – das verstoße gegen die Verfassung, ließen SPD und CDU sogar kolportieren. Eine glatte Lüge.

Nicht nur dass sowohl Senat als auch Abgeordnete die Rechtmäßigkeit des Entwurfs längst geprüft und für astrein befunden haben – seit Montag gibt es zudem ein Gutachten, das die Koalitionäre dringend lesen sollten. 70 Seiten hat Berlins einstiger Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Helge Sodann, über den Gesetzentwurf geschrieben, im Auftrag der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg. Letztere fürchtet den Energietisch wie der Teufel das Weihwasser. Entsprechend bemängelt Sodann einzelne Passagen, hat etwa wettbewerbsrechtliche Bedenken, weil das Land haften würde, wenn ein kommunaler Stromnetzbetreiber pleiteginge.

Zu einem ganz anderen Schluss aber kommt Sodann bei der öffentlichen Kontrolle: „Der These, hier fehle es an der verfassungsrechtlich gebotenen demokratischen Legitimation, kann nicht gefolgt werden.“ Senatsmitglieder plus Arbeitnehmer plus direkt gewählte Bürger, das gehe mit allen Gesetzen und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts völlig konform, Abgeordnetenhaus und Senat würden nicht in ihren Kontrollrechten beschnitten. Das Reden vom angeblichen Fehlen der Kontrolle, es ist nichts anderes als eine Wählertäuschung.

SEBASTIAN PUSCHNER