Nur drei Jahre Haft

INDIEN Erstes Urteil im berüchtigsten Prozess des Landes. Großes Unverständnis über Strafmaß

VON SASCHA ZASTIRAL

BANGKOK taz | Das erste Urteil gegen einen der Männer, die im vergangenen Dezember in Indiens Hauptstadt eine junge Frau in einem Bus vergewaltigt und schwer verletzt haben, hat eine Kontroverse entfacht. Der heute 18-jährige Täter muss wegen Vergewaltigung und Mordes lediglich drei Jahre in einer Besserungsanstalt verbringen. Die acht Monate, die er in Untersuchungshaft verbracht hat, werden auf seine Strafe angerechnet.

Der Verurteilte war der jüngste von sechs Männern, die Mitte Dezember eine 23 Jahre alte Frau und ihren Begleiter in einen Bus gelockt haben, wo sie anschließend den Mann überwältigten und das Verbrechen begingen. Das Opfer starb zwei Wochen später in einem Krankenhaus in Singapur an seinen schweren Verletzungen. Das Urteil ist die Höchststrafe, die das Gericht gegen den zur Tatzeit 17-jährigen verhängen konnte. Der mutmaßliche Rädelsführer der Gruppe wurde vor wenigen Monaten in seiner Zelle erhängt aufgefunden. Den vier anderen Angeklagten droht wegen der Schwere des Verbrechens die Todesstrafe.

„Ich habe meine Schwester sterben gesehen“, sagte der Bruder des Opfers nach der Urteilsverkündung am Samstag. „Meine gesamte Familie ist am Boden zerstört. Ich kann das Urteil nicht akzeptieren.“ Er werde das Urteil anfechten, fügte er hinzu. Oppositionspolitiker kündigten an, sie würden sich für eine Verschärfung des Jugendstrafrechts einsetzen.

Das Jugendgericht hat die Urteilsverkündung in den vergangenen Wochen viermal verschoben. Das oberste Gericht des Landes prüft derzeit, ob nicht doch noch Erwachsenenstrafrecht gegen den Täter angewandt werden soll. Vorläufig haben die Richter jedoch grünes Licht für eine Verurteilung gemäß Jugendstrafrecht gegeben.

Am Sonntag wurde ein erneuter Fall von Gruppenvergewaltigung bekannt. Fünf Inder, darunter zwei Polizisten in Uniform, haben demnach eine junge Frau in der Nähe der Hauptstadt Neu-Delhi vergewaltigt. Das Opfer sei bei ihrem Freund in Noida gewesen, als die Gruppe ins Zimmer stürmte, berichteten indische Medien am Sonntag. Sie überwältigten demnach den Begleiter und fielen dann nacheinander über die Inderin her. Vier Verdächtige seien nach dem Vorfall am Freitagabend festgenommen worden. Eine medizinische Untersuchung habe die Vergewaltigung bestätigt.