Zurück zu smarten Wurzeln

Der Stadtflitzer Smart bekommt zweite Chance

BERLIN taz | Für Smart-Fans ist die neue Allianz zwischen Daimler und Nissan/Renault eine gute Nachricht. Denn allein hätte Daimler den kleinen Stadtwagen nicht am Leben erhalten können. „Auf einer Stand-alone-Basis wäre die Entwicklung der dritten Generation des Smart für uns wirtschaftlich nicht darstellbar gewesen“, räumte Daimler-Chef Dieter Zetsche am Mittwoch ein. „Wir waren strategisch nicht richtig aufgestellt: bei Kleinwagen und bei kleineren Motoren.“ In der Tat illustriert die Geschichte des Smart hervorragend, wie eine einst zukunftsweisende Idee durch kurzsichtiges Management zerlegt wurde und nun mühsam wiederaufgebaut wird.

Denn der Smart war bei seiner Entwicklung vor rund 20 Jahren nicht nur ein Auto, sondern ein neues Mobilitätskonzept. Nicolas Hayek, der Erfinder der Swatch-Uhren, hatte ein kleines, buntes Kunststoffauto für die Stadt entworfen. Vier Elektromotoren an den Rädern sollten die beim Bremsen entstehende Energie umwandeln und speichern. In der Stadt sollte das Auto elektrisch fahren, außerorts mit Benzin oder Diesel. Drum herum sollte aber eine ganze Infrastruktur entstehen, die die Nachteile des Smart – wenig Platz und wenig Komfort auf langen Strecken – wettmachen sollten. Eigene Bahnwaggons, in denen das kleine Auto mitgenommen werden konnte, gehörten ebenso dazu wie eine spezielle Smart-Ausleihstation an Flughäfen und Bahnhöfen.

Doch weder VW-Chef Piëch noch Daimler-Boss Schrempp, die sich nacheinander mit Hayek zusammentaten, konnten damit etwas anfangen. Mercedes trennte sich dann von dem Schweizer Erfinder, behielt aber die Rechte am Smart und machte aus dem Ökokonzept ein Lifestyle-Auto mit konventionellem Motor und ließ noch einen Sportflitzer und einen Viersitzer dazu entwickeln. Das senkte zwar den durchschnittlichen CO2-Ausstoß der gesamten Mercedes-Flotte – schließlich drohte schon damals die EU-Kommission mit der Herabsenkung der Grenzwerte –, sorgte aber für mehrere Milliarden Euro Verlust im Konzern.

Erst in jüngster Zeit nutzt Mercedes den Smart im Sinne des Erfinders. Zwar war die Reduzierung auf das zweisitzige Urmodell zunächst noch dem reinen Sparzwang geschuldet, doch mit dem vor gut einem Jahr begonnen Feldversuch „car2go“ in Ulm, bei dem sich mittlerweile 18.000 Kunden 200 Smarts für 19 Cent pro Minute teilen, geht der Konzern zurück zu den Smart-Wurzeln. Nach Ulm und Austin, Texas soll bald ein weiteres Projekt in einer Großstadt folgen.

Auch die Elektrifizierung des Smart steht wieder auf der Tagesordnung. Der Deal mit Nissan/Renault ist bereits das dritte Abkommen zur Entwicklung eines Elektromotors. Und in London fahren bereits 100 E-Smarts, deren Benutzer zwar 400 Euro im Monat bezahlen müssen, doch dafür die teure City-Maut sparen. STEPHAN KOSCH