„Liebe CDU, hackt’s bei euch?“

BUNDESTAGSWAHL In Tempelhof-Schöneberg verschwinden Plakate von SPD, Linken und Piraten – überklebt werden sie mit Hinweisen auf Veranstaltungen des örtlichen CDU-Bundestagskandidaten

Wahlkampf-Aufruhr in Lichtenrade: SPD, Linke und Piraten haben sich am Dienstag darüber beschwert, dass Wahlplakate ihrer Parteien im Ortsteil Tempelhof-Schönebergs überklebt worden sind – durch Veranstaltungshinweise der CDU. „Das ist unlauterer und unfairer Wahlkampf“, schrieb die SPD-Direktkandidatin in Tempelhof-Schöneberg, Mechthild Rawert, in einer Mitteilung. Sie behalte sich eine Strafanzeige vor.

Üblicherweise sind vor allem CDU-Plakate Zielscheibe von mehr oder weniger künstlerischen Veränderungen durch Unbekannte. Zwischen Angela Merkels Kopf und dem CDU-Logo prangt dann nicht mehr „Gemeinsam erfolgreich“, sondern „einsam reich“. Oder über zwei fröhlichen Menschen, die auf einen Tablet-Computer blicken, heißt es dann: „Haha, ein Tablet. Tolles Ding. Kann sogar YouPorn.“ Und weiter: „CDU – Gemeinsam ins Neuland“. Eine Persiflage auf Angela Merkels Aussage: „Das Internet ist für uns alle Neuland.“

Fantasielos ging es dagegen in Lichtenrade zu. Dort haben Unbekannte schlicht Porträts der Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf Plakaten der Konkurrenz angebracht, samt Schriftzug „Die Ministerin kommt!“. Die CDU-Plakate warben für eine Veranstaltung des örtlichen Bundestagsabgeordneten Jan-Marco Luczak, der den Wahlkreis am 22. September erneut für die CDU gewinnen will. Am vergangenen Mittwoch hatte er von der Leyen zu seinem Wahlkampfauftakt eingeladen; unter Hinweisen darauf verschwanden Plakate von Linken, Piraten und SPD. Die Linke verbreitete Beweisfotos via Twitter und fragte: „Liebe CDU, hackt’s bei euch?“

Luczaks Wahlkreisbüro übte sich daraufhin in Demut. Sein Mitarbeiter Horst Kauffmann sagte der taz, Luczak habe sich bereits bei den Betroffenen entschuldigt, die CDU-Plakate seien von Unbekannten aufgetackert worden und könnten deswegen wieder entfernt werden, was schnell geschehen solle. Kauffmann, Kreisgeschäftsführer der CDU im Bezirk, fällte ein vernichtendes Urteil über die Verantwortlichen: „Dass es in unseren Reihen Leute gibt, die so dämlich sind und gar keinen Grips haben, hätte ich nicht gedacht.“

Für das Wahlkreisbüro der SPD-Kandidatin Rawert ist die Sache dagegen noch nicht erledigt. Die Entschuldigung Luczaks sei dürr ausgefallen und lasse eine Erklärung für die Vorfälle vermissen, sagte eine Mitarbeiterin. Man prüfe nun, ob Rawert selbst oder der SPD-Kreisverband Anzeige erstatte. SEPU