Die Bedingungen sind schlecht

ILB 1 Auf der Galerie des Hauses der Berliner Festspiele zeigt das Internationale Literaturfestival die Ausstellung „Comics aus Berlin. Bilder einer Stadt“

Es ist ein schöner Dienstagabend. Im großen Saal des Hauses der Berliner Festspiele eröffnet Ulrich Schreiber das Internationale Literaturfestival, auf der Galerie gibt es die Vernissage zur Ausstellung „Comics aus Berlin. Bilder einer Stadt“. Die Vernissage ist überfüllt. Die Ausstellung ist schön geworden. Es macht Spaß, die einzelnen Strips und Bilder auch mal groß zu sehen. Manches wirkt dabei schon so ein bisschen gemäldehaft wie die großartigen „Plastic Dog“-Bilder von Ulli Lust, anderes ist zurückgenommen dokumentarisch, wie die Mauerfluchtbilder von Tim Dinter.

Jens Meinrenken, der Kurator der Ausstellung, sagt in seiner Eröffnungsrede, ursprünglich sei ihm aufgetragen worden, lediglich sieben Künstler für die Ausstellung auszuwählen. Das ging nun gar nicht, und selbst bei den 22 Beteiligten fallen einem noch welche ein, die man vermisst. Es sind Künstler ausgestellt, die das Comicbild dieser Stadt seit den späten 80er Jahren geprägt haben. Einige sind seit vielen Jahren berühmt, wie Georg Barber alias Atak, der unter anderem in der FAZ und der New York Times veröffentlicht, Ol, dessen „Mütter vom Kollwitzplatz“ in der Berliner Zeitung erscheinen, der schaue Fil, dessen Helden „Didi & Stulle“ seit 15 Jahren das Stadtmagazin Zitty eröffnen, der schwedische Filmemacher und Zeichner Max Anderson, der seit 1997 in Berlin lebt, die aus Wien stammende Ulli Lust, der Tagesspiegel-Zeichner Tim Dinter oder Anke Feuchtenberger, die 2008 als beste deutschen Comiczeichnerin ausgezeichnet wurde und mittlerweile 18 Bücher veröffentlicht hat. Einige kommen aus dem Umfeld von Deutschlands einziger Comic-Bibliothek „Renate“ in der Tucholskistraße wie deren Mitbegründer Peter „Auge“ Lorenz, einige sind mittlerweile Professor, wie Atak oder Henning Wagenbreth; die meisten aber arbeiten unter prekären Bedingungen. Die Aufmerksamkeit für Comics, oder wie es vornehmer heißt: „graphic novels“, ist in den letzten Jahren größer geworden, die Bedingungen, unter denen die Künstler arbeiten, sind aber so schlecht wie eh und je.

Auf Initiative des Internationalen Literaturfestivals hatten sich Comic-Künstler und Verlage überlegt, was man zur Förderung des Genres machen könnte. So entstand ein am Montag vorgestelltes „Comic-Manifest“, das die schwierige Situation der Comic-Künstler darstellt und darauf drängt, Comic-Schaffende auf ähnliche Weise zu unterstützen wie Poeten, Opernsänger und Filmemacher. Unterzeichnet haben Ulrich Wickert, Bela B., Rocko Schamoni und andere.

Der Heimweg führt an einem „Schokoladen“ vorbei, und ich denke an die Zeit, als ich an einem Comicstrip von Atak beteiligt war. DETLEF KUHLBRODT