Es trifft „die Richtigen“

ITALIEN Datensammeln gegen Steuerbetrüger – das gefällt den meisten

ROM taz | „Serpico“ heißt der Supercomputer der italienischen Steuerbehörde – und nichts bleibt ihm verborgen. Es weiß, wer wann Goldkäufe getätigt hat, es greift auch auf die Daten der Katasterämter genauso wie der Kfz-Zulassungsbehörden zu. Jemand fährt einen 100.000-Euro-SUV, hat eine protzige Villa und ein gut gefülltes Aktiendepot, erklärt aber ein Einkommen von nur 20.000 Euro jährlich? Für ihn soll es in Zukunft kein Entkommen mehr geben.

Seit 2013 ist der gläserne Bürger für Italiens Finanzämter Realität – und niemand protestiert. Datenschutz wird in Italien immer schon kleingeschrieben. Egal ob Street View, Volkszählung oder NSA: Regelmäßig bleibt in Italien der Aufschrei aus. Die Ausforschung des Volks durch Behörden oder Private ist einfach kein Thema.

Denn in den Augen der meisten Italiener trifft es die „Richtigen“ – Steuerhinterzieher eben, Mafiosi oder korrupte Politiker. Die müssen sich zum Beispiel gefallen lassen, dass die Staatsanwaltschaften des Landes den Telefon- und Datenverkehr von Verdächtigen ohne viel Federlesens kontrollieren können – und die große Mehrheit im Land meint, das sei richtig so.

MICHAEL BRAUN