Roger bringt Ole ins Schleudern

Nach dem Rauswurf seines Freundes Roger Kusch aus dem Senat steht Hamburgs Bürgermeister vor einer Regierungskrise. Neuwahlen sind nicht ausgeschlossen

HAMBURG taz ■ Der entlassene Hamburger Justizsenator Roger Kusch ist aus der CDU ausgetreten. Kusch habe sein Ausscheiden nach mehr als 34 Jahren lediglich in zwei Zeilen brieflich mitgeteilt, sagte ein Parteisprecher. Hamburgs CDU-Bürgermeister Ole von Beust hatte sich am Montag, als er den Rauswurf des 51-Jährigen bekannt gab, noch sicher gezeigt, dass sein langjähriger Freund diesen Schritt nicht gehen werde.

Kusch war wegen der Protokoll-Affäre entlassen worden. Vertrauliche Unterlagen aus einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft waren der Chefetage der Justizbehörde zugespielt oder von dieser angefordert worden. Zudem war das Protokoll der Zeugenvernehmung Kuschs vor dem Gremium an dessen Rechtsanwalt und die CDU-Bundestagfraktion weitergeleitet worden. Kusch sah darin kein Fehlverhalten – der Bürgermeister schon.

Heute Nachmittag entscheidet sich, ob aus der Affäre eine Krise des Bürgermeisters wird. Vorgezogene Neuwahlen wären wahrscheinlich, sollte Kuschs bisheriger Staatsrat Carsten Lüdemann (CDU) als neuer Justizsenator im Parlament keine Mehrheit erhalten. Die CDU-Fraktion, die über eine knappe absolute Mehrheit verfügt, hat seine Nominierung zwar begrüßt. Allerdings neigen die Unions-Abgeordneten zur Unberechenbarkeit. Wiederholt erhielten von Beusts Senatoren nicht alle Stimmen aus den eigenen Reihen, der Bürgermeister selbst wurde nur mit hauchdünner „Kanzlermehrheit“ gewählt. Sollte Lüdemann durchfallen, orakelte von Beust bereits, „dann muss man wohl von einer Krise sprechen“. SVEN-MICHAEL VEIT