Die Straße ist das Ziel

WEGE Nicht überall, wo es ginge, darf man’s auch. Zu viele Verbote, zu häufig an den Rand gedrängt: das beklagen Radler

Gefährlich an Kreuzungen: Radfahrer sind auf Radwegen oft schlecht zu sehen

VON PAUL DA CHALET

Der Weg ist unbefestigt, aber gut befahrbar. Für dickere Reifen kein Problem. Solche einsamen Pisten sind abseits der Städte immer noch schnell zu finden – aber dummerweise hier und da markiert mit Zeichen 250 („Verbot für Fahrzeuge aller Art“). Und darunter hängt dann ein Zusatz: freie Fahrt nur für den Trecker des Bauern oder den Jeep des Försters.

Für viele Mountainbiker ein Beispiel dafür, wie unsinnig die Straßenverkehrsordnung (StVO) sein kann. Beim ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club) sieht man das ähnlich, hat aber eher die Alltagsradler im Auge. Gerade sie seien immer noch zu vielen Verboten ausgesetzt: Wo der motorisierte Verkehr rollt, haben sie nichts verloren. Also werden sie auf exklusive Radwege verwiesen oder auf Kombi-Wege, wo sie Fußgängern begegnen und sehen müssen, wie sich mit denen vertragen. Und damit das auch wirklich klappt, werden die beiden Gruppen häufig voneinander separiert – durch eine aufgemalte Linie.

„Benutzungspflichtige Radwege müssen die Ausnahme bleiben“, fordert der ADFC-Bundesvorsitzende Karsten Hübener. Sein Ideal: die stärkere Vermischung direkt auf der Straße. Dass die Radfahrer mehr Platz im Straßenraum beanspruchen, müsse doch einleuchten, meint er. Sie lenkten schließlich ein Fahrzeug, seien also allein schon deshalb Autofahrern gleichgestellt.

Aber auch aus Sicherheitsgründen gehörten sie auf die eigentliche Fahrbahn und nicht in den Randbereich: „Radfahrer sind auf Radwegen oftmals schlecht zu sehen, was vor allem an Kreuzungen und Einfahrten gefährlich ist.“

Nichts einzuwenden hat er im Großen und Ganzen gegen die so genannten Angebots-Radwege. So sieht’s auch Rechtsanwalt Dietmar Kettler, Autor des Ratgebers „Recht für Radfahrer“: „Damit wird dem Gedanken Rechnung getragen, dass es einem Teil der Radfahrer – insbesondere den weniger verkehrsgewandten – trotz der Mängel des Radweges vorteilhaft erscheinen mag, diesen – freiwillig – zu benutzen.“ Tatsächlich kennt der Gesetzgeber bereits das Wahlrecht: Sind etwa Radwege vorhanden, aber nicht als solche verkehrsrechtlich ausgewiesen, dürfen sie befahren werden – müssen aber nicht. Für rechte Seitenstreifen gilt Ähnliches.

Überhaupt erlaubt die StVO zahlreiche Ausnahmeregelungen. Auf vielen Wirtschaftswegen zum Beispiel, draußen in ruhiger Landschaft, ist das Fahrrad ebenso zugelassen wie der landwirtschaftliche Verkehr. Was in der Regel zu konfliktfreien Begegnungen führt – ohne die behördliche Erlaubnis wäre das wohl kaum anders.