HERMANNUS PFEIFER ÜBER EINE NOTWENDIGE ÖFFENTLICHE RATINGAGENTUR
: Monopol der Bewerter brechen

Der Fall Griechenlands zeigt, wie notwendig eine öffentliche und unabhängige Ratingagentur ist. Ohne Not wird das Land von Ratingagenturen und spekulierenden Finanzinvestoren, die das große Geschäft wittern, abgewertet. Die Folge sind immer höhere Zinsaufschläge. Dabei hat sich die Lage seit November, als der frisch gewählte Papandreou die Sünden seiner Vorgänger aufdeckte, gebessert.

Mit den jüngsten Gerüchten und Turbulenzen auf den Finanzmärkten wird der Druck auf die sozialdemokratische PASOK-Regierung von Papandreou immer größer, aber auch auf den Euro und damit letztlich auf Deutschland. Vor allem aber verbauen Rater und Finanzinvestoren Millionen Griechen die Chance auf Besserung. Die hohen Zinsen sind längst zum entscheidenden Wettbewerbsnachteil auf Märkten geworden: Wo jeder Cent im Wettkampf der Konzerne zählt, ist ein Risikoaufschlag von vier Prozentpunkten ein Todesstoß.

Den Todesstoß führen die Ratingagenturen. Mit ihren Noten entscheiden einige Jungakademiker über die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Konzernen und ganzen Staaten. Den Weltmarkt dominieren lediglich drei Kontrolleure: die US-Giganten Standard & Poor’s und Moody’s sowie die britische Agentur Fitch.

Ein solch oligopolistischer Markt müsste auch Wirtschaftsliberalen unerträglich sein. Ohnehin stehen die Oberlehrer selbst in der Ecke: Bis zum Ausbruch der Weltfinanzkrise im Sommer 2007 hatten sie sogar hochriskante US-Immobilienpapiere noch mit „sehr gut“ bewertet.

Um das Quasi-Monopol der drei Bewerter endlich zu brechen, wäre eine öffentliche EU-Ratingagentur die richtige Antwort. Die Agentur könnte schnell aus dem Zentralbanksystem und den staatlichen Aufsichtsämtern entwickelt werden. Die Möglichkeit ist da, doch wo ist der politische Wille?

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