Obama geht in die rhetorische Offensive

SYRIEN Der US-Präsident will den Kongress und die Bevölkerung von seinem geplanten Angriff auf die Truppen des Assad-Regimes überzeugen. Deutschland unterzeichnet Syrien-Erklärung mit Verspätung

WASHINGTON/BERLIN dpa/afp/rtr/ap | Mit einer außergewöhnlichen Informationskampagne will Barack Obama den Widerstand im eigenen Land gegen seine Syrien-Pläne brechen. Der US-Präsident führt am Montag Interviews mit sechs Fernsehsendern, bevor er am Dienstagabend eine Rede zur Nation hält. Damit will er sich die Zustimmung des Kongresses zum geplanten Militärschlag gegen Syrien sichern.

Einem Bericht der Los Angeles Times vom Sonntag zufolge planen die USA einen intensiveren und längeren Militäreinsatz als bislang bekannt. Wie das Blatt unter Berufung auf zwei US-Regierungsvertreter berichtete, bat das Weiße Haus das Verteidigungsministerium um eine erweiterte Liste mit „vielen weiteren“ als den bislang vorgesehenen rund 50 Zielen für Angriffe. Ziel sei es, zusätzliche Feuerkraft zu mobilisieren, um den stark zerstreuten Streitkräften von Machthaber Baschar al-Assad Schaden zuzufügen. Die Rede sei von einem 72-Stunden-Einsatz.

US-Außenminister John Kerry stellte in Paris klar, dass sich Obama noch nicht festgelegt habe, ob er mit einem Militärschlag bis zum Ende der laufenden Untersuchungen der UN-Inspekteure warten will. Frankreichs Präsident François Hollande hatte am Freitag überraschend angekündigt, vor einem Schlag gegen Syrien den Bericht der UN-Inspekteure abwarten zu wollen.

Die zwischenzeitliche Weigerung Deutschlands vom Freitag, sich der am Rande des G-20-Gipfels in St. Petersburg präsentierten Syrien-Erklärung anzuschließen, sorgte international für Aufsehen. Während die Bundesregierung darauf verwies, zunächst einen innereuropäischen Konsens erzielen zu wollen, billigten die anderen großen EU-Staaten die Erklärung. Die SPD kritisierte einen „Totalausfall der deutschen Außenpolitik“.

Deutschland schloss sich erst am Samstag an, nachdem sich die EU bei einem Außenminister-Treffen in Vilnius geeinigt hatte. In der Erklärung der EU-Minister heißt es, nur das Assad-Regime verfüge über die Bestandteile der Chemiewaffen und sei auch zu deren Einsatz in größeren Mengen in der Lage.

Wie Bild am Sonntag berichtete, sollen syrische Offiziere nach Erkenntnissen deutscher Geheimdienste seit Monaten auf den Einsatz von Giftgas gedrungen haben. Das gehe aus Funksprüchen hervor, die vom Flottendienstboot „Oker“ abgefangen worden seien. Die verlangten Angriffe seien jedoch stets abgelehnt worden.

In Syrien selbst brachten islamische Extremisten offenbar ein umkämpftes christliches Dorf unter ihre Kontrolle. Aktivisten des Syrischen Beobachtungszentrums für Menschenrechte berichteten am Sonntag, Mitglieder der Nusra-Front seien nach heftigen Gefechten in die Ortschaft Maalula nordöstlich von Damaskus eingezogen. B.S.