Studis unter altem Management

Die FU wertet die Einführung des Campus Managements als Erfolg, obwohl der Projektleiter Defizite einräumt. Studis kündigen für das morgen beginnende Semester weitere Proteste dagegen an

Von Johannes Radke

Digitale Scheinausgabe, Studiendaten per Knopfdruck und computerüberwachtes Studieren: Nach Auffassung der Leitung der Freien Universität (FU) war die Einführung des Campus Managements ein Erfolg. Die Hochschule nutzt seit dem vergangenem Wintersemester als erste deutsche Universität diese Software. Das ursprünglich für die Verwaltung großer Firmen und Konzerne entwickelte Programm begleitet die Studierenden von der Immatrikulation bis zum Studienabschluss. Alle Studiendaten werden in ein zentrales Computersystem eingegeben, für jedes Seminar ist eine verbindliche Anmeldung nötig. Wer nicht fleißig studiert, dem drohen so genannte Maluspunkte.

Obwohl es nach der Einführung zu massiven Protesten und einem einwöchigen Streik der Studierenden kam, soll das System auch im morgen offiziell beginnenden Sommersemester weiter zum Einsatz kommen. „Das Campus Management wird beibehalten und in seiner Funktionalität ausgeweitet“, so Goran Krstin, FU-Pressesprecher. Neu ist, dass Dozenten die Noten der Studierenden zukünftig selbst in das System eingeben können.Weitere Proteste von Seiten der Studierenden erwarte man nicht, da es mittlerweile die notwendigen Optimierungen des Systems gegeben habe. Weiterhin ausgesetzt bleiben jedoch die zeitgesteuerten Maluspunkte.

Nach den Protestaktionen war dieser strittiger Teil der Software vorerst gestoppt worden. Nach der komplexen Negativpunkteregelung erhalten Studierende, die nicht ausreichend viele Leistungspunkte durch Seminarteilnahme, Klausuren und Hausarbeiten in einem Semester erhalten haben, Maluspunkte zugeschrieben. In manchen Fächern droht schon bei vier Maluspunkten die Exmatrikulation. Studierendenvertreter hingegen bezeichnen das Programm weiterhin als Katastrophe. „Campus Management ist ein Instrument sozialer Selektion und Reglementierung des studentischen Alltags“, sagt Jenny Simon, hochschulpolitische Sprecherin des Allgemeinen Studierenden Ausschusses (Asta) der FU. Durch den verstärkten Leistungsdruck und verbindliche Anmeldungen für Seminare sei ein interdisziplinäres Studieren nicht mehr möglich.

„Wir sind dafür, das Campus Management generell in Frage zu stellen“, sagt David Hachfeld, hochschulpolitischer Asta-Sprecher der FU. „Die verbindlichen Anmeldungen und Abgabefristen, die das Software-System vorschreibt, haben derzeit keine rechtliche Grundlage, da sie vom Senat bisher nicht genehmigt wurden“, sagt Hachfeld weiter. Für das kommende Semester rechnet er erneut mit Protesten. „Ein Teil der Studierenden wird sich laut äußern und dagegen wehren“, meint er.

Angefacht wurde die Wut der Studierenden von einer Aussage des Projektleiters des Campus Managements, Dirk Pape. Vor kurzem musste er auf einer Podiumsdiskussion erstmals öffentlich einräumen, dass es erhebliche Probleme mit dem Programm gibt. „Wir haben nach der Einführung der Software viele Defizite aufgedeckt, die jetzt angegangen werden“, so Pape.

Matthias Dannenberg, Verwaltungsleiter des Fachbereichs Philosophie und Geisteswissenschaften, hält die Einführung der Software hingegen für richtig. Einerseits sei ein solches System nach der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge für die Verwaltung unerlässlich. Andererseits hofft er, dass die Studienzeit und die Zahl der Studiumsabbrüche durch Campus Management gesenkt werden können. „15 Semester Durchschnittsstudium in den Geisteswissenschaften ist in hohem Maße Verschwendung von Lebensarbeitszeit“, so Dannenberg.