Deutschlands Generalpanne

WM-Sicherheitstraining: Rettungskräfte lahmen, Sanitäter versagen mit Uraltfunk, und die Polizei hat mit polnischen Prüglern keine Erfahrung. „Mir ist es lieber, wenn die Generalprobe schiefgeht, aber die Premiere schön wird“, sagt Minister Schäuble

AUS BERLIN MAURITIUS MUCH

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble verbreitete Zuversicht. Etwa 250.000 Polizisten, 30.000 Bundespolizisten und bis zu 7.000 Soldaten werden bei der WM zur Verfügung stehen. Damit sei Deutschland gut für die Fußball-Weltmeisterschaft gerüstet und liege voll im Zeitplan, sagte der Minister zu Beginn einer WM-Sicherheitskonferenz, zu der 280 Experten aus 40 Ländern gestern und heute in Berlin zusammengekommen sind.

Doch zwei Monate vor Beginn der WM laufen die Sicherheitsvorbereitungen alles andere als perfekt. Mitte März musste eine Katastrophenschutzübung mit gleichzeitigen Einsätzen an drei verschiedenen Orten in Berlin wegen Chaos abgebrochen werden. Als ein Chemieunfall an einem S-Bahnhof simuliert wurde, waren die Helfer so langsam, dass im Ernstfall niemand überlebt hätte. Ende März übten Sanitäter, Feuerwehrleute und Polizisten in den WM-Städten München und Kaiserslautern mit dem uralten analogen Funksystem BOS. Das System kollabierte, die Übungen wurden beendet.

Solche Rückschläge sieht Schäuble gelassen: „Mir ist es lieber, wenn die Generalprobe schiefgeht, aber die Premiere dafür schön wird.“ Schließlich habe man noch zwei Monate Zeit, um Fehler zu beheben. Auch die Hooligans fürchtet Schäuble nicht. „Wir können zuversichtlich hoffen, dass das Problem in den Griff zu bekommen ist.“ Gerade die Zusammenarbeit mit Großbritannien und den Niederlanden laufe hervorragend. Deutsche, britische und niederländische Hooligans hatten sich bei vergangenen Fußballmeisterschaften immer wieder geprügelt. Bei der WM 2006 begleiten bewaffnete Polizeibeamte aus beiden Ländern die Fangruppen. Außerdem sind einschlägig bekannte Hooligans aller drei Länder in speziellen Polizeidateien gespeichert. Ihnen wird die Einreise nach Deutschland oder der Zugang zu den Stadien verweigert. Zudem will Schäuble vor problematischen Spielen Pass- sowie Personenkontrollen an Grenzen einführen, an denen sonst niemand den Ausweis vorzeigen muss.

Wesentlich problematischer könnten gewaltbereite Fans aus Osteuropa werden. Bis zu 25.000 werden erwartet. Als besonders schlimm gelten polnische Hooligans. In Krakau schlagen sich Fangruppen der rivalisierenden Klubs Wisla und Cracovia regelmäßig – während der letzten drei Spiele starb jeweils ein Mensch. Kürzlich trafen sich deutsche und polnische Krawallmacher in Brandenburg zu Massenschlägereien, ohne dass die Polizei dies verhindern konnte. Zwar werden auch Polizeibeamte aus Polen, Serbien oder Kroatien ihre Fangruppen zur WM begleiten, aber Hooligandateien, die mit deutschen Stellen ausgetauscht werden könnten, gibt es noch nicht. Außerdem verfügen die deutschen Behörden noch nicht über die Erfahrungen, die sie im Kampf gegen Hooligans mit den niederländischen und britischen Kollegen haben.