KOMMENTAR: BENNO SCHIRRMEISTER ÜBER OBDUKTIONSPFLICHT
: Respekt für ein politisches Bravourstück

Bestenfalls entfaltet das Gesetz keine Wirkung, schlimmstenfalls spart es Geld

Hut ab! Das verdient Respekt! Sozialsenatorin Ingelore Rosenkötter (SPD), bislang das Mauerblümchen des blassen Bremer Senats, macht Schlagzeilen. Und zwar getragen von einer Woge der Sympathie, obwohl das Thema Tod heißt, und innere Leichenschau – wovor es doch vielen gruselt. Sie aber verknüpft es mit dem Schlagwort „Kindeswohl“ – und schon ist die Autopsie-Pflicht ein populäres Vorhaben. Weil es suggeriert, es werde etwas getan. Für die Kinder, in Bremen, sogar für die toten.

Hut ab!, also für dieses politische Bravourstück, zumal das Gesetz keine Kosten verursachen wird. Weil’s ja nur die derzeitige Praxis bestätigt – in Verdachtsfällen die Leichenöffnung anzuordnen, gerade wenn die Toten jünger als sechs Jahre sind. Das in 100 Prozent der Fälle gemacht zu haben, behauptet die Staatsanwaltschaft. Und: Hier durch die Pflicht eine Steigerung zu erzielen, wird schwer.

Aber, abgesehen von der Publicity, die der Sozialsenatorin zu gönnen ist, – entfaltet dann die Obduktions-Pflicht gar keine Wirkung? Bestenfalls. Denn die Altersgrenze von sechs Jahren, die es festlegt, ist tückisch: Leicht kann die Vorschrift die Neigung dämpfen, eine Autopsie bei älteren Kindern anzuordnen. Schließlich wird von diesem Ermessens-Spielraum bei erwachsenen Toten zu selten Gebrauch gemacht. Dann würde das Gesetz Geld sparen – wäre aber in der Sache kontraproduktiv.