STILLE POST
: Kaum drin, schon dran

Die Schlange hinter mir wuchs. Fast sah es wieder so aus, wie es sich gehörte für eine Post

Ich habe eine Post entdeckt, wo man nicht anstehen muss. Wo die ist, sag ich nicht, sonst ist es aus mit dem Nicht-anstehen-Müssen. Mittlerweile hab ich mich da nämlich dran gewöhnt, ans Nicht-anstehen-Müssen. Ganz einfach war das nicht.

Bei meinem ersten Besuch dachte ich, die sind alle in der Mittagspause und haben aus Versehen die Türen offen gelassen. Es war aber keine Mittagspause und auch keine andere Pause. Es war ganz einfach leer. Ganze zwei Leute standen da an, vor mir. Und weil es zwei offene Schalter gab, stand plötzlich gar keine/r vor mir. Kaum drin, schon dran. Ich muss ehrlich sagen: Ich kam nicht so gut damit klar. Ich hatte langes Warten geplant; meine Verabredung gleich ums Eck traf ich erst in dreißig Minuten. So ging das nicht.

Ich gab also meinen Brief auf, und dann fragte ich: Ich fragte nach dem Ökostrom, nach Girokonten mit und ohne regelmäßigem Gehaltseingang, nach dem Preis eines Pakets nach Amerika. An Letzterem war ich sogar wirklich interessiert, das möchte ich hier sagen, zu meiner Verteidigung.

Die Schlange hinter mir wuchs. Fast sah es wieder so aus, wie es sich gehörte für eine Post. Beim nächsten Besuch war ich fairer: Ich gab mein Paket nach Amerika auf, ziemlich zackig sogar, und trödelte dann nicht am Schalter herum, sondern an den Auslagen für Bürobedarf. Zehn Minuten versuchte ich zu entscheiden, ob ich quadratische Heftnotizen besser finde als lange, und weitere zehn grübelte ich, ob ich zu Hause noch genug Heftklammern hatte. Als meine eingeplante Postwartezeit vorbei war, verließ ich stillschweigend den Raum.

Seitdem gehe ich echt souverän damit um, dass ich bei dieser Post einfach nicht warten muss. Ich gehe rein, erledige mein Ding, und gleich wieder raus. Prima ist das, und deswegen verrate ich wirklich nicht, wo die Filiale ist. JOEY JUSCHKA