Geknickt. Grüne wollen kämpfen

NIEDERLAGE Die Partei verliert – und übt Selbstkritik

BERLIN taz | Die Grünen hatten auf ein Signal aus Bayern gehofft, ein Wahlergebnis, das eine Trendwende auch auf Bundesebene ankündigt. Stattdessen nun das: 8,5 Prozent laut den Hochrechnungen, nicht einmal ein zweistelliges Resultat. Ja, sogar weniger als bei der Landtagswahl 2008. Ein so schwaches Ergebnis hatte den Grünen keine einzige Wahlumfrage der vergangenen Wochen und Monate vorausgesagt. Noch vor gar nicht langer Zeit durften sie in Bayern mit satten 13 Prozent rechnen.

Ein Schock auch für die Bundespartei. „Natürlich hatten wir uns mehr erhofft“, sagte die sichtlich konsternierte Grünen-Chefin Claudia Roth in einer ersten Reaktion. Selbstverständlich sei dieses Ergebnis enttäuschend.

Ein Unfall in Bayern? Oder ein bundespolitisches Problem? Wohl eher Letzteres: Schließlich sieht es auch in den Umfragen zur Bundestagswahl am kommenden Wochenende für die Grünen inzwischen längst nicht mehr so rosig aus wie noch vor einigen Wochen. Im Gegenteil. Auch im Bund lagen sie zuletzt sogar unter dem Ergebnis der Bundestagswahl 2009. Damals kamen sie auf 10,7 Prozent.

Nun ist die Parteispitze nervös und versucht, von der für sie leidigen Steuerdebatte loszukommen – und energisch andere Themen zu setzen als den Veggieday oder die pädophilen Strömungen in ihrer Gründungszeit. Mit urgrünen Klassikern will sie in der Endphase des Wahlkampfs noch einmal angreifen, ihre Wählerschaft mobilisieren und sich schärfer von der SPD abgrenzen. Die Kernthemen, die gespielt werden sollen: Energiewende, ökologische Landwirtschaft, Bürgerrechte und gute Bildung.

Genau das kündigte am Sonntagabend Parteichefin Roth an. „Sie sehen mich im Kampfmodus. Jetzt erst recht“, sagte sie. „Wir wollen deutlich machen, dass es nicht egal ist, wer hier regiert.“ Roth ließ unmissverständlich Selbstkritik durchklingen – vor allem in Bezug auf die Steuerdiskussion. „Es muss deutlicher rauskommen, dass wir 90 Prozent der Steuerzahler entlasten wollen“, sagte sie.

Auch die Landeschefin der Grünen,Theresa Schopper, zeigte sich zerknirscht. „Es war keine Wechselstimmung im Land“, sagte sie kurz nach der ersten miesen Prognose. „Unser Einsatz war fulminant. Wir hätten mehr verdient.“ Ihr bayerischer Covorsitzender, Dieter Janecek, sprach von „Gegenwind“ für seinen Landesverband. „Der Abwärtstrend im Bund hat sicher auch eine Rolle gespielt, das kann man nicht verschweigen“, sagte er der taz.

Eine für die Grünen entscheidende, aber offene Frage ist nun: Welchen Effekt hat ihr schlechtes Abschneiden in Bayern bei der grünenaffinen Wählerschaft am nächsten Sonntag?

ASTRID GEISLER, LISA SCHNELL