Die Pforte zum Paradies

WORUM ES GEHT In Bayern gibt es kaum Gründe, eine andere Partei als die CSU zu wählen

Jahrgang 1977, studierte Politische Wissenschaft, Religionswissenschaft und Ethnologie in München. Anschließend besuchte sie die Deutsche Journalistenschule in München. Als Stipendiatin der Herbert-Quandt-Stiftung verbrachte sie ein Jahr in Israel und berichtete für deutsche Medien. Seit September 2011 ist sie Bayern-Korrespondentin der taz.

VON MARLENE HALSER

Nun hat sie also wieder gut abgeschnitten, die CSU in Bayern. Es war zu erwarten. Denn es gibt kaum inhaltliche Gründe, im Freistaat nicht für die Christsozialen zu sein.

Natürlich kann man die CSU aus ideologischen Gründen ablehnen: ihr konservatives Traditionsbewahrertum, das so fortschritts- und feminismusfeindliche Subventionen wie das Betreuungsgeld hervorbringt, oder Selbstgefälligkeit, mit der die Führungsriege seit Jahrzehnten ihre Machtpositionen dazu missbraucht, sich selbst zu bereichern.

Wie wenig Unrechtsbewusstsein viele Abgeordnete im bayerischen Landtag haben, hat die Affäre um die Beschäftigung von Verwandten gezeigt. Bis zu 5.000 Euro monatlich hatte der Exfraktionschef seiner Frau für deren Bürotätigkeit gezahlt. Ein anderer Abgeordneter beschaffte sich auf Staatskosten eine Kamera im Wert von 6.000 Euro. Das ist an Selbstherrlichkeit kaum zu überbieten.

Auch das Gerüpel aus Bayern kann einem auf die Nerven gehen, wenn es mal wieder darum geht zu zeigen, wer der große Zampano ist. Dann zum Beispiel, wenn Ministerpräsident Horst Seehofer die ebenso unsinnige wie europarechtlich fragwürdige Pkw-Maut für Ausländer auf deutschen Straßen durchzusetzen sucht oder ankündigt, gegen den Länderfinanzausgleich zu klagen.

Schließlich kann man die viel zu rigide Selektion im bayerischen Schulsystem kritisieren, die Kinder aus bildungsfernen Schichten systematisch benachteiligt, ebenso wie die äußerst herzlose bayerische Asylpolitik.

Darüber hinaus aber muss man anerkennen: Den etwa 12,5 Millionen Menschen in Bayern geht es ausgesprochen gut! Die Arbeitslosigkeit hat sich in Bayern seit 2005 mehr als halbiert und die Beschäftigung befindet sich auf Rekordniveau. Etwa die Hälfte aller Kreise und kreisfreien Städte haben mit einer Arbeitslosenquote von weniger als drei Prozent faktisch Vollbeschäftigung erreicht. Selbst Mittelfranken als „Sorgenkind“ aller weiß-blauen Regierungsbezirke liegt mit 4,8 Prozent Arbeitslosen klar unter dem Bundesschnitt von 6,8 Prozent.

Das Durchschnittseinkommen pro Monat beträgt in Bayern netto 1.523 Euro. Nur Baden-Württemberg mit 1.542 Euro schneidet besser ab. Beide liegen weit über dem Bundesschnitt von 1.413 Euro. Die Armutsgefährdungsquote liegt in Bayern laut Sozialbericht bei 13,8 Prozent, dem deutschlandweit niedrigsten Wert. Da blieb selbst SPD-Spitzenkandidat Christian Ude im Wahlkampf oft nicht viel mehr übrig als einzugestehen, dass es in Bayern ganz gut läuft. Warum es mit der SPD noch besser laufen sollte, war schwer zu vermitteln.

Horst Seehofer, amtierender Ministerpräsident in Bayern, blieb es deshalb überlassen, bei der Abschlusskundgebung des Wahlkampfs der CSU in der kleinen Olympiahalle in München Folgendes zu sagen: „Die Pforte zum Paradies ist der Freistaat Bayern.“ Keine Partei habe es wie die CSU geschafft, eine „Identität“ und „Symbiose“ mit Bayern herzustellen.

Er hat recht. Die CSU, die seit 56 Jahren ununterbrochen in Bayern regiert und im Gegensatz zu allen anderen Parteien niemandem über den Weißwurstäquator hinaus Rechenschaft ablegen muss, ist so sehr mit dem weiß-blauen Brauchtum und der idyllischen Voralpenlandschaft verschmolzen, dass es schwer fällt, sich vorzustellen, dass es jemand anders besser machen könnte. Ob das stimmt oder nicht, spielt angesichts der ausgezeichneten wirtschaftlichen Lage keine Rolle mehr. Einen tatsächlichen Grund, woanders das Kreuz zu setzen als bei der CSU, hat die Mehrheit der Bayern nicht.