Kinder würden am Sonntag CDU wählen

ORTSTERMIN Bundesweit haben knapp 160.000 Kinder an der U18-Wahl teilgenommen: Die Union gewinnt, die Liberalen kommen nicht über 5 Prozent. Ein Besuch im Kreuzberger Wahllokal

■ Das vorläufige Ergebnis der einwöchigen U18-Wahl wurde am Samstagmorgen bekannt gegeben. Knapp 160.000 Kinder haben gewählt. Gewinner ist die CDU/CSU mit 27,4 Prozent der Stimmen. Die SPD wird zweitstärkste Kraft mit 20,3 Prozent. Die Grünen schneiden mit 17,6 Prozent sehr gut ab. Für die Piraten gibt es immerhin noch 12,3 Prozent. Die Linke würde mit 7,8 Prozent gerade noch in den U18-Bundestag einziehen, die FDP würde mit nur 4,6 Prozent rausfliegen. (kiwi)

BERLIN taz | Ein fettes, haariges Schwein, freilaufende Hühner und ein bunter Wal aus Pappmaché – für die U18-Wahl haben sich die Berliner im Stadtviertel Kreuzberg einen Kinderbauernhof ausgesucht. Er liegt im Görlitzer Park. Die ersten Wähler sind die Kinder der Klasse 5b der benachbarten Rosa-Parks-Grundschule.

„Heute könnt ihr wählen. Wie bei den Erwachsenen ist die Wahl geheim und frei. Ihr geht einzeln in die Kabine, überlegt euch gut, für wen ihr stimmen wollt, und steckt den Zettel danach in die Urne“, erklärt Sören, Praktikant am Bauernhof, und zeigt auf den Wal. Die Wal-Urne hat er mit Kindern vom Hof gebastelt.

Der Stimmzettel unterscheidet sich kaum von dem der Bundestagswahl am kommenden Sonntag. Es gibt eine Spalte für die erste Stimme mit den Wahlkreiskandidaten des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg und daneben für die Zweitstimme die Landesliste. „Können wir auch zweimal ankreuzen?“, fragt eines der Kinder. „Ich weiß es“, sagt ein Mädchen, „einmal auf der rechten und einmal auf der linken Seite.“

Einen Unterschied gibt es aber doch: Unten auf dem Stimmzettel sollen die Kinder ihr Geschlecht und ihr Alter angeben. „Müssen wir das Geschlecht eintragen?“, fragt ein Mädchen. Für die Gültigkeit der Stimme ist die Angabe nicht von Bedeutung, aber sie werden darum gebeten. Eine Erklärung dazu gibt es nicht. Es entsteht eine kurze Debatte darüber, ob die Schüler damit einverstanden sind oder nicht. Schließlich nehmen sie es hin.

„Können wir jetzt anfangen?“, drängelt ein Junge. Beyza, Senem und Dilara sind als Erste dran. „Ich finde die Wahl gut, weil wir mal wählen dürfen. Es hat Spaß gemacht, weil man seine eigene Meinung sagen kann“, sagt die zehnjährige Beyza. Die drei haben schon vorher überlegt, für wen sie stimmen wollen; Beyza und Dilara haben es auch mit ihren Müttern besprochen, die Entscheidung kam dann aber von ihnen alleine.

Bei den Vorbereitungen zur Wahl haben sich die drei in der Schule einen Wahlspruch für die SPD ausgedacht: „Wählt die SPD, denn sie tut niemandem weh.“ „Aber die SPD haben wir jetzt nicht in echt gewählt“, stellt Senem klar. Dann geht das Getuschel los, „Wollen wir uns gegenseitig sagen, wen wir gewählt haben?“, fragt Dilara. „Ist schon okay, man hat das Recht, dass man das nicht sagen muss“, winkt Senem ab. „Hast du CDU?“, sagt Dilara zu Beyza. Sie schüttelt mit dem Kopf.

Miray ist noch nicht so weit. Er weiß noch nicht, wo er das Kreuz machen wird. „Bei mir wird es lange dauern“, sagt er. Der Jüngste in der Klasse freut sich auch über die Wahl, „weil sonst immer nur die Erwachsenen wählen dürfen“. Sein Klassenkamerad Ömer erklärt ihm aber, dass ihre Stimmen bei der eigentlichen Bundestagswahl nicht mitgezählt werden, die U18-Wahl sei nur da, „um zu prüfen, ob wir Kinder klug sind“, sagt er.

Auch wenn die Stimmen der Kinder keinen Einfluss auf das Wahlergebnis am 22. September haben, so hat die U18-Wahl im 17. Jahr seit dem ersten Wahlgang von Minderjährigen in Berlin eine solche Dimension angenommen, dass sie von Politikern wahrgenommen wird. Mittlerweile gibt es deutschlandweit gut 1.500 Wahllokale, allein in Berlin sind es mehr als 300. KIM WINKLER