Schießerei im Lesesaal

Gemeinsam zocken ist schöner als allein: Die Stadtbibliothek wird während der Ferien zur Spielecommunity

Kinder und ihre Computer sorgen immer wieder für Diskussionen. Denn „je mehr Zeit Kinder an Computern und Spielekonsolen verbringen, desto schlechter werden sie in der Schule und desto anfälliger für Jugendgewalt“. Das hat der Kriminologe und Jugendforscher Christian Pfeiffer festgestellt: Anlässlich der Computermesse Cebit präsentierte er eine neue Studie zu Jugendgewalt und Medien. Umso erstaunlicher, dass ausgerechnet die Stadtbibliothek Bremen in den Ferien zum multimedialen Zocken und Ballern einlädt.

Computerspiele seien keineswegs nur schlecht, rechtfertigt Edith Laudowicz von der Bibliothek Bremen das Ferienprogramm. Im Gegenteil: „Kinder können wie von Büchern auch vom Spielen am Computer eine ganze Menge lernen.“ Sie müssten Anweisungen lesen und verstehen, Pläne machen und Strategien verfolgen. Konzentration und Ausdauer seien ein absolutes Muss. Vereinsamt sei in der Bibliothek auch noch keiner, so die Spiele-Expertin. Die meisten der jungen Besucher spielen –anders als zu Hause – dort nicht allein, sondern in Gruppen. Kinder aus verschiedenen sozialen Schichten würden so nicht nur lernen, wie man einen virtuellen Panzer lenkt, sondern auch, wie man im wirklichen Leben gut miteinander auskommt und Aufgaben gemeinsam löst.

Angeboten werden den Kids – Lern-, Geschicklichkeits-, Strategie- und Abenteuerspiele – gestaffelt in Altersklassen ab vier, acht, zwölf oder 16 Jahren. Vor allem bei den Spielen für Jugendliche gebe es viele Spiele, die Gewalt zeigen, meint Laudowicz. Gerade deswegen würde auf der Multimediaspielwiese genau auf den Jugendschutz geachtet.

Über heiß begehrte Spiele wie „Unreal Tournament“ weiß die Spiele-Expertin, dass sie „kurzzeitig Ängste und Aggressionen auslösen können – besonders bei unerfahrenen Spielern“. Langfristige Folgen für die kindliche Psyche seien jedoch nicht nachgewiesen, sagt Laudowicz. Natürlich stehe auch außer Frage, dass Gewaltspiele „primitive Bedürfnisse wie die Schadenfreude befriedigen“, und dass man in deren Welten Dinge tue, die man im wirklichen Leben nicht machen würde.

„Allerdings können Jugendliche zwischen Spiel und Wirklichkeit unterscheiden.“ So viel dürfe man ihnen schon zutrauen. Eltern, die dennoch am Spielevergnügen ihrer Kinder zweifeln, sollten nicht nur meckern oder gar den Computer zur Sperrzone erklären.

Über Computer-Spiele, sagt Laudowicz, müsse genauso wie über das Fernsehen gesprochen werden. Eltern sollten sich ruhig mal neben ihre Kinder setzen und ihnen beim Spielen über die Schulter schauen. Oder sogar selbst mal zu Maus, Tastatur oder Joystick greifen. Jeanette Simon