: Fähnchen schwenken statt handeln
VON KATRIN BETTINA MÜLLER
Noch als der Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses im August tagte, weigerten sich die Mitglieder der Regierungsparteien SPD und CDU, über die Unterfinanzierung der freien Szene zu diskutieren. Deren Protagonisten sind empört über den Entwurf für den Haushalt 2014/15, der keine Erhöhung ihrer Zuwendungen vorsieht – allein große Institutionen erhalten mehr, um Tarifsteigerungen aufzufangen. Die Mittel für geschätzt rund 40.000 Künstler der freien Szene, die Berlins Ruf als kreative Stadt stärken, stagnieren dagegen seit Jahren.
Bei der gestrigen Sitzung des Ausschusses nun schlug der Regierende Bürgermeister und Kultursenator Klaus Wowereit andere Töne an: Die freie Kunstszene solle einen Teil der Gelder aus der geplanten City-Tax erhalten. Eine Summe oder einen Prozentsatz nannte er nicht.
Ist das eine gute Nachricht? Geht der Kultursenator endlich und ehrlich auf die Forderungen der freien Szene ein, die Hälfte der City-Tax in Mindesthonorare für darstellende und bildende Künstler, Produktionsmittel für kleinere Häuser und bezirkliche Kulturprojekte zu stecken? Oder ist es bloß eine Geste der Beschwichtigung, des Vertröstens auf eine noch nicht genau kalkulierbare Zukunft? Bisher wurde ja die Einführung der Steuer auf private Hotelübernachtungen immer wieder verschoben, nicht zuletzt aus juristischen Bedenken.
Protest entschärfen
Wowereit weicht dem Streit über die konkreten Zahlen für den nächsten Haushalt aus und signalisiert andererseits, „beim nächsten Mal seid ihr am Zug“. Das wirkt wie der Versuch, den protestierenden Künstlern, für die zurzeit vor allem die Opposition spricht, den Wind aus den Segeln zu nehmen und die Stimmung aufzuhellen. Eine Politik, die sich wirklich auf Seiten der Künstler stellt, die sozial und finanziell unter den miesesten Bedingungen arbeiten, sähe anders aus.
Bericht SEITE 16
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