Totenkopf kein Kündigungsgrund

JUSTIZ Arbeitsgericht erklärt fristlose Kündigung eines Polizeiangestellten für unwirksam. Er hatte vor einer jüdischen Schule ein Foto von einem Schädel mit Polizeimütze geschossen und veröffentlicht

W. soll die Lektüre von Hitlers „Mein Kampf“ gespriesen haben

Ein Totenkopf mit Polizeimütze ist kein Kündigungsgrund – auch nicht wenn er im Wachhäuschen für eine jüdische Einrichtung fotografiert und gepostet wird. Für eine fristlose Kündigung reiche die „geschmacklose Aktion“ nicht aus, hat eine Kammer des Arbeitsgerichts am Mittwoch entschieden. Zuvor hatte schon ein Richter bei einem Gütetermin einen entsprechenden Hinweis gegeben.

Der Polizeiangestellte Andreas W. bewachte als Objektschützer den jüdischen Talmud-Tora-Komplex in Rotherbaum, in dem sich auch die Joseph-Carlebach-Schule befindet. Offenkundig im Wachcontainer drapierte er einen Schädel mit der Mütze, knipste ihn und stellte das Foto auf seine Facebook-Seite. Als das bekannt wurde suspendierte Polizeipräsident Wolfgang Kopitzsch (SPD) Andreas W. sofort vom Dienst und leitete dessen fristlose Kündigung ein.

Kopitzsch hat sich als Historiker mit den Verbrechen der Hamburger Polizei an der jüdischen Bevölkerung im Nationalsozialismus auseinandergesetzt. Bei dem Polizeipräsidenten löste die Provokation Assoziationen zu den Totenkopf-Verbänden der berüchtigten SS aus, die von den Faschisten zur Bewachung der Konzentrationslager eingesetzt wurden.

Das Gericht mochte einer derartigen Argumentation nicht folgen. Der Totenkopf werde heutzutage als Symbol in sehr verschiedenen Zusammenhängen verwendet und sei nicht für Nazi-Organisationen charakteristisch. Die Indizien reichten nicht aus, „eine rechtsradikale Gesinnung abzuleiten“, sagte Gerichtspräsident Helmut Nause. Das gelte auch für einen Polizei-Angestellten, der Hoheitsgewalt ausübe und der eine besondere Treuepflicht gegenüber dem Staat habe. Zudem sei die Schule für Außenstehende nicht erkennbar gewesen. „Er wollte keine Bedrohung gegen Menschen aussprechen“, vermutete Nause.

Pikant an dem Fall ist allerdings, dass der 38-jährige Andreas W. schon früher wegen Ausländerfeindlichkeit aufgefallen sein soll. Unter anderem soll er die Lektüre von Hitlers „Mein Kampf“ gepriesen haben, was jedoch mehrfach von Vorgesetzten gedeckelt worden sein soll.

Was die Polizei jetzt unternimmt, ist noch unklar. „Wir warten erst mal die schriftliche Urteilsbegründung ab“, sagt Polizeisprecherin Ulrike Sweden, „vorher sagen wir dazu nichts.“ PETER MÜLLER