Die Sendung mit der Gams

KOCHREISE Sarah Wiener von ihrer besten Seite: In einem roten Jeep durchquert sie die Alpen und erlebt – und erleidet – dort „kulinarische Abenteuer“ (ab Montag, 19.30 Uhr, Arte)

Eskapistische und aufklärerische Momente werden zu einer sämigen Melange vermischt

VON DAVID DENK

Es ist paradox: Die Sarah Wiener, die man aus den Medien kennt, macht es einem schwer, sie zu mögen – die Sarah Wiener hingegen, die nun schon zum dritten Mal „kulinarische Abenteuer“ für Arte erlebt, macht es einem schwer, sie nicht zu mögen. Warum schickt Wiener bloß immer nur den geltungssüchtigen, schrillen Teil von sich zu Markus Lanz und diversen Promi-Events und hebt die liebenswerte, angenehm eigensinnige, neugierige Sarah für dieses nur Eingeweihten bekannte Kleinod deutscher Fernsehunterhaltung auf? Ein Rätsel.

Das Besondere an „Die kulinarischen Abenteuer der Sarah Wiener“ ist, dass sich das von Regisseur und Sarah-Wiener-Entdecker Volker Heise („24 h Berlin“) erdachte Format (Regie: Caterina Woj und Sven Ihden) nicht damit begnügt, malerische Landschaften und kauzige Einheimische vorzuführen, sondern diesen eskapistischen Momenten aufklärerische beimischt, bis daraus eine sämige, aber nicht zu süße Melange entsteht.

Bei Wieners Abenteuern kommt das Essen nicht küchenfertig aus dem Kühlschrank, sondern direkt vom Erzeuger und muss teilweise erst – Vorsicht! – geschlachtet werden, um nicht zu sagen: getötet. Die hysterische Aufregung über die Schlachtung von süßen kleinen Kaninchen für das Schwesterformat „Sarah und die Küchenkinder“ im vergangenen Jahr zeigt, wie sehr sich der Großteil der Bevölkerung von der Erzeugung seiner Nahrungsmittel entfremdet hat. Insofern macht Wiener für Arte eben auch Bildungsfernsehen – man könnte ihre „kulinarischen Abenteuer“ durchaus sogar politisch nennen.

Die neue Staffel führt die Fernsehköchin in zehn Folgen à 43 Minuten in die Alpen. Diesmal allerdings nicht mit ihrem roten VW Käfer, sondern einem kleinen Jeep – auch in Rot, versteht sich. Das ist, neben einer deutlichen Verlängerung der Sendezeit, aber auch die größte Veränderung. Wie gehabt, besucht Wiener in jeder Folge einen anderen Koch oder eine andere Köchin in einer anderen Region, ob im Berchtesgadener Land, am steirischen Grundlsee, im Schweizer Waadt oder im französischen Savoyen. Eine bessere Werbung können sich die Fremdenverkehrsverantwortlichen nicht wünschen. Überall möchte man sofort Urlaub machen. Man ist nur deswegen nicht neidisch auf Sarah Wiener, weil sie mitunter ganz schön schuften muss – wenn sie etwa eine frisch geschossene Gams den Berg hinabschleift oder Kühe in die entgegengesetzte Richtung treibt.

Nach den Vorgaben ihrer Gastgeber, die Sarah hin und wieder auch etwas freier auslegt, bereitet sie schließlich im letzten Drittel der Sendung ein regionales und saisonales Menü zu. Dabei werden es die Mangoldschnecken im Blätterteig, die sie in Savoyen essen und zubereiten muss, wohl nie auf die Speisekarte eines ihrer Restaurants schaffen – wie man erfährt, durfte Sarah in ihrer Kindheit nur eine Schnecke als Haustier halten.

Aber die Rillette von geräucherten Forellen im Kartoffelchipsmantel etwa, die ihr der junge Julien Reichenbach im schweizerischen Aigle beibringt, ließ Wiener ihre Küchenmannschaft zur Pressepräsentation der neuen Staffel nachkochen. Es hat den Journalisten genauso gut geschmeckt wie ihr – auch wenn die Aussicht in Berlin nicht ganz so schön war.