Zukunftsmusik

KONGRESS

Auch bei der „Operation Ton“, dem Hamburger „Kongress für musikalische Zukunftsfragen“, fallen der Vulkanasche am Freitag Vorträge zum Opfer. Statt der Referentin vom Zentrum für Audience Development erläutert Organisatorin Andrea Rothaug höchstselbst am Beispiel von Allison Weiss, wie sich US-Musiker sozialer Netzwerke bemächtigen, um Geld zu generieren.

Die anonyme Masse hat Weiss durch einen Netzwerbespot in einen Freundeskreis verwandelt. Für kleine Spenden gibt es Danksagungen, bei 500 US-Dollar fällt ein Song mit persönlicher Widmung ab. Fast 8.000 US-Dollar sind so für die nächste Produktion zusammengekommen. Hierzulande lähmen die Kundenbetreuung strukturelle Defizite: „Freundlich ist der Hamburger Musiker noch nicht mal im Vollsuff“, so die ernüchternde Bilanz.

Freundlich bleibt hingegen die Lektorin Bettina von Bülow, etwa wenn sie bei Stiftungen um Zuschüsse für ihr Projekt bittet. Sie hat den Automatenverlag gegründet, so genannt wegen der ausrangierten Zigarettenautomaten, die die Lektorin in der Hansestadt aufgestellt hat. Mit ihnen bietet sie Bücher in Schachtelform an und umgeht damit die üblichen Distributionsformen des Literaturbetriebs. Vielleicht auch eine Geschäftsidee für Plattenlabels, Musik zugänglich zu machen.

Über mangelnde Zugänge klagt Frank Dostal nicht. Das Gema-Aufsichtsratsmitglied und Komponist des Evergreens „Yes Sir, I Can Boogie“ wundert sich nur, dass er keinen Cent sieht, wenn der Song auf YouTube gespielt wird. Die Gema bezeichnet er als „alten Mann mit Übergewicht“, beklagt Intransparenz beim Verteilungsschlüssel, macht sich aber für den Erhalt geistigen Eigentums stark und beschreibt, wie sich der Begriff aus der Naturrechtsdebatte des 18. Jahrhunderts herausgeschält hat. JULIAN WEBER