WM wird verlängert

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel: Die Fußball-WM der Menschen mit Behinderung startet im August

KÖLN taz ■ Hans Jürgen Wagner ist begeistert. Der Geschäftsführer der gemeinnützigen Fußball-WM 2006 der Menschen mit Behinderung GmbH spricht vom „größten Behinderten-Sportfest in Deutschland“ und nennt einige markante Termine: In der KölnArena findet am 27. August die Eröffnungsfeier der Behinderten-Fußball-WM 2006 statt. Dann kämpfen 16 Mannschaften aus aller Welt in 48 Begegnungen um den Titel. In 41 Orten, verteilt auf vier Bundesländer, überwiegend in Nordrhein-Westfalen. Die MSV-Arena in Duisburg wird am 29. August das Eröffnungsspiel sehen. Das Endspiel schließlich wird am 16. September in der BayArena in Leverkusen ausgetragen. Wer gegen wen spielt, entscheidet eine Auslosung am 28. April im ZDF-Hauptstadtstudio.

„Zum ersten Mal haben wir es geschafft, dass das Fernsehen ausführlich über die Behinderten-Wettkämpfe berichten wird“, teilt Hans Jürgen Wagner stolz mit. „Der WDR will alle deutschen Spiele live übertragen. Wir hoffen, dass sich auch der MDR anschließt.“ Schon seit dem 7. April macht Rudi Völler auf Großplakaten auf die Behinderten-WM aufmerksam. Und am 23. April startet ein 30-Tonnen-Truck in Leverkusen seine „Tour 2006“ durch rund 60 Städte im Bundesgebiet.

Der Deutsche Fußballbund (DFB) stellt für die WM-Begegnungen Schiedsrichter bereit und finanziert im Vorfeld Trainingslager für die Kicker. Finanziell gefördert wird die Großveranstaltung von der Aktion Mensch, der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW und dem Bundesinnenministerium. Altkanzler Gerhard Schröder ist Schirmherr des Sportfestes.

Im Gegensatz zu den Paralympics, an denen körperbehinderte Sportler teilnehmen, ist die „Fußball-WM der Menschen mit Behinderung“ ausschließlich für lern- und geistig behinderte Menschen offen. Die sogenannte „Minderbegabung“ jedes Spielers wird mit einem Test und einer Prüfung festgestellt. Etliche Spieler der deutschen Mannschaft leben bei den Eltern oder in Einrichtungen für betreutes Wohnen der „Lebenshilfe“ und arbeiten in Werkstätten für Behinderte.

Das amtierende Weltmeister-Team der Behinderten-Fußballer stellt England. Einige der Kicker spielen in der 2. Division. Im deutschen Team sind Spieler bis hin zu Landesliga-Niveau vertreten. Der Titelverteidiger ist ebenso wie Gastgeber Deutschland gesetzt. Die anderen 14 Teilnehmer wurden vom Behindertensport-Weltverband INAS-FID eingeladen. Jedes der 16 Teams besteht aus etwa 20 behinderten Fußballern und rund acht bis zehn Betreuern.

Genauso wichtig wie die „geballte Leidenschaft“ (so lautet das offizielle Motto der WM) der behinderten Kicker beim Spiel ist für Hans Jürgen Wagner die „Begegnung zwischen behinderten und nicht behinderten Menschen vor und nach den Wettkämpfen.“ Dafür sucht der Veranstalter Betriebe, Firmen und Organisationen, die ihren Mitarbeitern das Kennenlernen behinderter Menschen ermöglichen. Als „menschliche Tandems“ treten solche Teams aus einer behinderten und einer nicht behinderten Person immer dann in Aktion, wenn jemand etwa den Weg nicht findet oder Fragen hat.

Erster „offizieller Partner“ der Weltmeisterschaft ist das Kölner Versorgungsamt. Ende März wurde die Behörde, die sich um Erziehungsgeldanträge, Schwerbehindertenausweise und die Kriegs- und Gewaltopferversorgung kümmert, mit einer Urkunde ausgezeichnet. Rund ein Drittel der 300 Behördenmitarbeiter hatten sich spontan bereit erklärt, in den Tandem-Teams mitzumachen.

SIEGFRIED SCHMIDTKE