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zeitungsmonopoleVerräterisches Schweigen

Endlich regt sich auch die Politik. Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD) ist der erste Politiker aus dem Ruhrgebiet, der öffentlich eine These bekräftigt, die längst in aller Munde ist: Dass es sich beim Zeitungssterben im Ruhrgebiet um ein abgekartetes Spiel handeln könnte. Dass sich die Zeitungsverleger ihr Verbreitungsgebiet aufteilen. Dass sie sich absprechen und gemeinsame Sache machen. Die These ist alles andere als abwegig. Schon die zeitliche Nähe der Ereignisse ist verdächtig. Das Schweigen der Verleger erst recht.

KOMMENTAR VON BORIS R. ROSENKRANZ

Träfe es tatsächlich zu, dass die Verlage ihre Reviere in Absprache markieren, wäre das gleich in mehrfacher Hinsicht verwerflich. Zunächst verlieren etliche Menschen ihren Job. Oftmals jene, die schon länger im Beruf, also älter sind und folglich als „schwer vermittelbar“ gelten, insbesondere im Mediengeschäft. Außerdem sind es nicht nur die Redakteure, die hier anscheinend aufgrund ökonomischer Interessen geschasst werden. Es trifft auch Zeitungsboten, freie Journalisten, irgendwann auch Drucker, Verlagsangestellte und so fort.

Andererseits: die Meinungspluralität. Unverzichtbar nicht nur für eine funktionierende Demokratie. Die WAZ-Mediengruppe, die ohnehin eines der einflussreichsten Medienhäuser des Landes ist und in etlichen Städten des Ruhrgebiets bereits das Zeitungsmonopol hält – sie gewinnt nun weitere Kreise dazu. Wozu das führt? Ganz einfach: Wer lokal informiert werden will, kann in etlichen Städten nur noch auf eine Zeitung zurückgreifen. Es existiert folglich nur noch eine publizierte Meinung: die der WAZ, die nach Gusto auswählen kann, über wen und was sie berichtet. Das kann es nicht sein.

Baranowski sagt: „In solchen Momenten merkt man wie begrenzt die Mittel der Politik sind.“ Allerdings: Das Thema so schnell abzuspeisen – das ist schlicht nicht hinnehmbar.

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