Im Zweifel gegen den Vater

Die Hamburger Ausländerbehörde verlangt von einem deutschen Vater einen Gentest. Weil sie dazu gar kein Recht hat, weigert sich der Mann. Seiner deutschen Tochter und deren ecuadorianischer Mutter droht deshalb die Abschiebung

Um ein fünfjähriges Mädchen und ihre Mutter abschieben zu können, schreckt die Hamburger Ausländerbehörde offenbar auch vor gesetzeswidrigen Methoden nicht zurück: Obwohl sie dazu kein Recht hat, verlangt das Amt vom Vater des Kindes einen Gentest. Weil sich der Mann weigert, droht die Behörde, dem Mädchen die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen und es zusammen mit seiner Mutter abzuschieben.

Maria B. (Name geändert) ist aus Ecuador hierher gekommen. Ihre Tochter Anna* ist in Hamburg geboren und besucht eine Kita. Bald soll sie in die Schule kommen. Der Vater des Kindes zahlt Unterhalt. Ausländerbehördensprecher Norbert Smekal sagt, sein Amt interveniere bei Zweifeln an der Vaterschaft generell nicht und fordere auch keine DNA-Gutachten ein. Das aber steht im Widerspruch zum Vorgehen der Rechtsabteilung seiner Behörde.

Diese hatte im November 2005 von dem Deutschen ein DNA-Gutachten verlangt, um zu prüfen, ob er der biologische Vater des Mädchens ist. Dies geht aus einem der taz vorliegenden Bescheid der Ausländerbehörde hervor, in dem sie den Antrag der Mutter auf Aufenthaltserlaubnis ablehnt. Die Behörde unterstellt, die Vaterschaft sei nur vorgetäuscht. Weil der Vater sich weigert, den Test zu machen, stellt die Behörde sogar die deutsche Staatsbürgerschaft der Tochter in Frage. Auch die Mutter soll ausgewiesen werden, da sie nur über ihre Tochter eine Aufenthaltserlaubnis erhalten kann.

Der Vater hält die Aufforderung zum Gen-Test für „verfassungswidrig“. Es sei nicht Aufgabe der Ausländerbehörde, den Intimbereich einer Familie auszuleuchten. Nach seiner Absage teilte das Amt Maria B. mit, sie müsse innerhalb von drei Monaten ausreisen – sonst werde sie abgeschoben. Dem stehe auch der deutsche Ausweis der Tochter nicht entgegen, schließlich habe der „lediglich deklaratorischen Charakter“.

Der Fall liegt nun dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Es gebe „keine Rechtsgrundlage“ für das Ansinnen der Ausländerbehörde, kritisiert die Hamburger Rechtsanwältin Cornelia Ganten-Lange. Denn nur die Kinder und Eltern selbst dürfen eine Vaterschaftsanerkennung nachträglich anfechten. Die Juristin kennt noch weitere Fälle von rechtswidrig eingeforderten Gentests.

In dem Vorgehen der Hamburger Behörde sieht sie einen „Testballon“. Denn das Bundesjustizministerium plant ein behördliches Anfechtungsrecht. Der Gesetzentwurf, der auf Vorschläge der Innen- und Justizminister der Länder zurückgeht, wurde kürzlich vorgelegt. Die Minister regen ein zeitlich befristetes Anfechtungsrecht für Ämter an, um gegen „zweckwidrige Vaterschaftsanerkennungen“ vorgehen zu können.

Das im Koalitionsvertrag festgehaltene Vorhaben ist heftig umstritten: „Allein aufgrund von subjektiven Mutmaßungen der Ausländerämter gerät ein ganzer Personenkreis unter Verdacht und wird des Missbrauchs bezichtigt“, warnt Hiltrud Stöcker-Zafari vom Bundesverband binationaler Familien und Partnerschaften (iaf). Es gehe nicht an, dass das Vaterschaftsrecht einseitig für Nichtdeutsche „zurückgedreht“ werde. Auch dürfe nicht mit einer zivilrechtlichen Maßnahme auf ein aufenthaltsrechtliches Problem reagiert werde, rügt Stöcker-Zafari.

Auch die FDP-Bundestagsfraktion kritisiert die geplante Novelle. Trete sie in Kraft, „stünden die binationalen Familien ständig unterm Damoklesschwert eines Generalverdachts und der möglichen Zerstörung durch den Staat“. Anke Schwarzer