Die Alten rocken die Jungen

ELECTRO Egyptian Lover und Arabian Prince im Bi Nuu: Zwei Alte zeigen den Jungen, wie man sein Publikum zum Durchdrehen bringt

Egal, ob Minimal-Techno, House oder irgendeine andere elektronische Tanzmusik im Club läuft, für junge Raver heute ist das alles Electro. Dass Electro einmal ein eigenes Genre, ein Hybrid zwischen Kraftwerk und HipHop und bis Mitte der Achtziger äußerst populär war, ist heute weitgehend vergessen. Auch Egyptian Lover, ein Großer des Electro und damit eine Art Vaterfigur des HipHop von heute, ist eher ein Fall für Insider. Und doch war sein Konzert im Bi Nuu am Schlesischen Tor bestens besucht. Das mag daran liegen, dass sein Auftritt von einem bekannten österreichischen Hersteller für Hallo-Wach-Brause organisiert wurde, der sich ziemlich gut darauf versteht, eigene Events zu vermarkten. Vielleicht hat sich aber auch einfach herumgesprochen, dass Partys, die der Egyptian Lover schmeißt, gute Partys sind.

Das Tolle war, dass der Lover, der nicht aus Ägypten kommt, sondern aus Los Angeles, im Duo mit dem Arabian Prince auftrat. Auch der Arabian Prince ist eine legendäre Type, für die sich lange niemand mehr interessierte, bis ein amerikanisches Hipster-Label sein Frühwerk aus den Achtzigern neu auflegte. Sein zweites Alias war da schon geläufiger: Professor X. Unter diesem Namen war er eine Zeit lang Mitglied bei der berüchtigten Gangsta-Rap-Truppe N.W.A..

Mehr Oldschool als bei Egyptian Lover und Arabian Prince ist also kaum vorstellbar. Trotzdem ging es bei dem Konzert weniger um Nostalgie als um pure Energie. Zwei alte Säcke zeigten den Jungen, wie man perfekt performt und dabei sein Publikum zum Durchdrehen bringt. Die beiden wechselten sich ab beim Auflegen harter Electro-Platten, purer Drummaschinenmusik, voller Anleihen an Industrial und EBM und dennoch tanzbar wie Techno. Während der eine auflegte, schnappte sich der andere das Mikro und gab die für den Electro so typischen Vocoder-Vocals von sich. Dieser Sound stammt aus der Frühzeit des Computerzeitalters, und damals mussten auch die menschlichen Stimmen so klingen, dass man das Gefühl bekam, der Computer würde zu einem sprechen.

Die musikalische Nähe von Electro zu Booty Bass – auch so eine Sonderabteilung der elektronischen Musik – führt auch beim Lover und dem Prinzen dazu, dass die Texte eher einfach gestrickt sind. Es geht, grob gesagt: um Titten und Ärsche. Beim Egyptian Lover hin und wieder auch um Ägypten, alles möglichst sinnfrei, überzogen und spaßig. Zu den Beats von Salt ’n’ Peppas „Push it“ bekam man dann eben nicht zu hören: „Push it, push it real good“, sondern: „Pussy, pussy real good.“ Das Publikum verstand die Message, und wieder einmal dazu aufgefordert wurde, mit den Hintern zu wackeln, enterten drei Mädchen die Bühne und taten genau das.

Drei Stunden lang war immer was los auf der Bühne. Mal wurde gescratcht, mal zu den Beats von den Platten live die Drummaschinen bedient. Egyptian Lover führte sogar ein Solo mit so einer alten Kiste auf. Er wiegte das Gerät im Arm wie ein Baby und programmierte dazu Salven von Claps und rohen Analogbeats. Das klang aufregender als vieles von dem, was man heute auf sogenannten Electro-Partys zu hören bekommt. ANDREAS HARTMANN