Schwäbische Familie soll in das Kosovo

Baden-Württembergs CDU-Sozialministerin kämpft gegen die Abschiebung von Familie Ferizi. Und gegen ihre Partei

BERLIN taz ■ Xhemile Ferizi spricht Deutsch mit Akzent. Allerdings hört man nicht, dass ihre Eltern aus dem Kosovo stammen – die Elfjährige spricht Schwäbisch. Sie ist eine echte Ulmerin. Hier ist sie geboren, hier geht sie zur Schule, hier hat sie ihre Freundinnen. Trotzdem sollen sie und ihre Familie in zwei Wochen abgeschoben werden. Das geht aus einem Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen hervor, das der taz vorliegt. Nur bis Ende des Monats sind die Ferizis in Deutschland geduldet.

Baden-Württembergs Sozialministerin Monika Stolz (CDU) kämpft nun persönlich dafür, dass die Familie Ferizi in Deutschland bleiben kann. Allerdings hat die Politikerin einen mächtigen Gegenspieler in ihrer eigenen Partei: Innenminister Heribert Rech. Der verteidigt die bevorstehende Abschiebung. „Bei der Familie Ferizi handelt es sich um rechtskräftig abgelehnte Asylbewerber“, sagte sein Sprecher der taz.

Bereits in einem Brief hat Stolz bei ihrem Parteifreund Rech zugunsten der Ferizis interveniert. Bislang ohne Ergebnis. Gestern Abend wollte Stolz ihn bei der Kabinettsitzung nochmals persönlich auf den Fall Ferizi ansprechen – um die Abschiebung in letzter Sekunde doch noch zu verhindern. Das Ergebnis dieser Unterredung war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt.

Nicht nur die Sozialministerin, sondern auch Ulmer Bürger kämpfen für die Ferizis. Denn die Familie ist sehr beliebt in Ulm. „Das ist ein absolut gelungenes Beispiel für Integration“, sagt die Nachbarin Annette Weinreich. Sie hat mehrere hundert Unterschriften für den Verbleib gesammelt – und eine Petition beim Landtag in Stuttgart eingereicht.

Doch darüber entscheidet der entsprechende Ausschuss erst frühestens im Sommer, weil sich der Landtag nach den Wahlen neu konstituieren muss. Zu spät für die Familie. Weinreich hofft, dass die Abschiebung herausgezögert werden könnte, weil die Petition im Landtag noch nicht behandelt werden kann. Doch das Innenministerium dämpft ihre Hoffnung. Abschiebungen seien in Einzelfällen möglich, ohne dass über die Petition entschieden worden sei, so der Sprecher.

Die Ferizis kamen 1993 aus dem Kosovo nach Ulm. Vier Jahre später mussten sie das Land schon einmal in Richtung Balkan verlassen. Der Grund: Ihr Asylantrag wurde abgelehnt. Seit November 1998 sind sie wieder in Deutschland. Als Illegale. Bis Frühjahr 2005 wurden sie immer wieder geduldet, weil angesichts der gefährlichen Situation im Kosovo eine Abschiebung nicht möglich war. Doch seit einem Jahr gibt es eine Vereinbarung zwischen der UN-Mission für das Kosovo (Unmic) und dem Bundesinnenministerium. Jetzt könnten abgelehnte Asylbewerber ins Kosovo zurückgeschickt werden, wenn sie in ihrer Heimatstadt sicher seien, sagte der Anwalt der Familie, Horst Stumm-Szelenczy, der taz. Daraufhin riefen die Ferizis die Härtefallkommission von Baden-Württemberg an. Doch die empfahl dem Innenministerium im Ende 2005 nicht, den Ferizis eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Seitdem muss sich Xhemile Ferizi darauf einstellen, ihre Heimat zu verlassen. Die Familie würde nach Mitrovica gehen, sagt Vater Jusuf Ferizi. Dort wohnt die Familie seiner Frau. In einer Stadt, in der sich Albaner und Serben immer wieder aufs Heftigste bekämpfen. MAURITIUS MUCH