„Das NRW-Konzept ist sozialer“

IAT-Mitarbeiterin Claudia Weinkopf sieht in Laumanns Kombilohn-Modell eine Chance für Arbeitslose

taz: Frau Weinkopf, Ihr Institut hat sich zum Kombilohn oft kritisch geäußert. Wie gefällt Ihnen das NRW-Modell?

Claudia Weinkopf: Begrüßenswert finde ich, dass sich das NRW-Modell an bestimmte benachteiligte Zielgruppen, also an Langzeitarbeitslose über 50 und Arbeitssuchende ohne Ausbildung richtet. Ein weiterer Vorteil ist, dass es darauf abzielt, zusätzliche Jobs zu schaffen – in Bereichen, in denen bislang kaum Arbeitsplätze vorhanden sind. Unsere Kritik in Richtung hohe Kosten, Verdrängung von Arbeitsplätzen sowie Mitnahmeeffekte beziehen sich vor allem auf generelle, unbefristete Kombilohn-Konzepte.

Die Arbeitslosen sollen vor allem in Jobs arbeiten, die bisher von Zivildienstleistenden besetzt waren. Ist das sinnvoll?

Positiv ist, dass mit der Besetzung der offenen Zivi-Stellen keine regulären Arbeitsplätze vernichtet werden. Fraglich erscheint jedoch, ob über 50-jährige Arbeitslose junge, körperlich fitte Zivis einfach ersetzen können. Denn gerade in der Betreuung von Alten und Behinderten muss man körperlich belastbar sein. Ältere Langzeitarbeitslose sind aber oft gesundheitlich eingeschränkt.

Ein Wohlfahrtsverband hat jetzt also die Wahl: Stelle ich einen Ein-Euro-Job ein oder lieber einen Kombilöhner?

Bei den Tätigkeiten sehe ich tatsächlich große Überschneidungen. Und ein Ein-Euro-Job ist aus Arbeitgebersicht deutlich günstiger als ein bezuschusster Kombilohn-Arbeitsplatz, bei dem nur die Sozialbeiträge vom Staat übernommen werden. Wenn Ein-Euro-Jobs erhalten blieben, könnte dies zu einer starken Konkurrenz führen.

Ziel ist es, Kombilohn-Empfänger zumindest nach dem niedrigsten Tarif zu bezahlen.

Ja, das ist der große Unterschied zu anderen Kombilohn-Modellen, die darauf abzielen, dass die niedrigsten Lohngruppen noch weiter gedrückt werden. In dem Sinne ist das NRW-Modell ein sozialeres Konzept.

NRW will sich mit dem Modell bundesweit profilieren. Hat es eine Chance?

Das hängt vor allem davon ab, ob das Modell in der Praxis funktionieren wird. Und zum Anderen ist noch offen, welche Art der Förderung auf Bundesebene präferiert wird. Im Koalitionsvertrag werden dauerhafte Subventionen an Arbeitgeber abgelehnt. Diese sind aber wichtiger Bestandteil des NRW-Konzepts.

Kann NRW ein solches Modell im Alleingang durchsetzen? Hartz IV ist doch ein Bundesgesetz.

Es gibt im Rahmen des SGB II bereits heute die Möglichkeit, für maximal 24 Monate ein Einstiegsgeld zu gewähren. Das eingesparte Arbeitslosengeld II kann außerdem dazu benutzt werden, den neuen Arbeitsplatz zu subventionieren. Wenn der Kombilohn auf Dauer gezahlt werden soll, müsste hierfür allerdings wohl eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden.

INTERVIEW: NATALIE WIESMANN