Europäische Kulturhauptstadt 2010
: Die schlafende Metropole

Das Ruhrgebiet ist 2010 die Europäische Kulturhauptstadt. Zum ersten Mal hat sich die Komission in Brüssel für eine Region und nicht für eine Stadt entschieden. Das ist erfreulich. Das macht Hoffnung. Das schürt die Erwartungen. „Der schlafende Riese ist erwacht“, freut sich Bochums Kulturdezernent Hans-Georg Küppers in Belgien. In Witten werden zur selben Zeit bereits die Flaggen eingestielt und Dortmunds Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer formuliert das Zitat des Tages: Das sei ein Sieg für die Metropole Ruhr. So hieße man nämlich jetzt. Beschlossen im Ruhrparlament des Regionalverbandes Ruhr, das immerhin alle 53 Kommunen des Reviers repräsentiert. Metropole? Ach ja?

KOMMENTAR VONPETER ORTMANN

Von einer gemeinsamen Großstadt ist das Ruhrgebiet noch Universen weit entfernt. Es mag zwar, wie Essens Kulturdezernent Oliver Scheytt euphorisch in Brüssel hoffte, auf dem europäischen Kulturolymp angekommen sein, aber im Grunde genommen nur als ein Frankensteinsches Monster, zusammengeflickt aus einem städteübergreifenden Zweckbündnis. Die Spitzen vieler Kommunen arbeiteten zusammen, weil sich jeder überregionale PR für seine eigene Stadt erhoffte. Der eigentliche Motor der Bewerbung waren aber genau die Protagonisten, die bereits seit Jahren auf gemeinsame kulturelle Bündnisse gesetzt haben und oft von diversen kleinlichen Kirchturmspitzen aufgespießt wurden.Auch die Interessen der einzelnen Kulturinstitute in den Städten sind bisher immer sehr selbstsüchtig gewesen. Die Intendanten der RuhrTriennale können davon sicher ein Lied singen, das mehr von Euros denn von Inspiration handelt. Hoffen wir, dass der Schub des Sieges über die kleine Stadt an der polnischen Grenze diese kulturelle Mega-Region weiter zusammenschweißt. Und für das internationale Marketing nicht nur die großen Namen vom 40 Millionen Euro Kuchen naschen dürfen.