betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Ja, das Theater der Zukunft. Wie oft hat man es schon ausgerufen, beschworen, herbeigewünscht. Generationen von Theaterleuten haben immer wieder daran gebastelt und gedoktert. Haben wilde Pamphlete verfasst oder Theaterluftschlösser errichtet. Und doch ist die richtige Theaterevolution irgendwie ausgeblieben. Verpufft, wie die Manifeste. Immer noch sieht das Theater so alt aus wie vor ein paar Jahrtausenden, als es erfunden wurde. Zumindest einigermaßen. Aber vielleicht klappt es ja nun endlich mal! „Willkommen im Theater der Zukunft!“, sagt nämlich die Formation Showcase Beat le Mot und lädt am nächsten Mittwoch in ihr Theater der Zukunft ein, das sie auf dem Holzmarktgelände am Spreeufer errichtet hat. „Ding Dong Dome“ heißt der extraordinäre Musentempel, von dem keiner weiß, was dort genau geschehen soll. Außer den Performern natürlich, wir wollen es zumindest hoffen. Wer es herausfinden möchte, der finde sich am 2. Oktober erst einmal am HAU1 in der Stresemannstraße ein, von wo aus dann nach einer kurzen Einweisung die Verschickung per Spreedampfer zum Ding Dong Dome erfolgt. (HAU 1: „Ding Dong Dome“, ab 2. 10., 18 Uhr).

Die Revolutionen. Auf dem Theater sind sie unter anderem ja auch deshalb immer wieder so beliebt, weil dann auf der Bühne so viel los ist, was das Einschlafen im Theaterplüschsessel deutlich erschwert. Nehmen wir Schillers „Jungfrau von Orleans“ zum Beispiel. Die junge Bauerntochter hat Erscheinungen und führt einen schwachen König zum Sieg über einen übermächtigen Feind. So eine Aufrüttlerin, die hoch zu Ross und in schimmernder Rüstung wider alle Umstände siegt, hätte beispielsweise jetzt die FDP im Wahlkampf ganz gut gebrauchen können. Und die Grünen wahrscheinlich auch. Die heilige Johanna jedoch diente nur dem französischen Dauphin Karl VII. , wofür sie einerseits mit dem Leben auf dem Scheiterhaufen bezahlte, andererseits nicht nur Theaterunsterblichkeit errang. Michael Thalheimer, Spezialist für extreme Fälle und Theaterblut, hat die Geschichte der Gotteskriegerin nun inszeniert. Mit Somnambulitätsspezialistin Kathleen Morgeneyer in der Titelrolle. Die Inszenierung kam im Sommer bei den Salzburger Festspielen heraus. Am Freitag folgt im Deutschen Theater die Berliner Premiere. (Deutsches Theater: „Die Jungfrau von Orleans“, ab 27. 9., 20 Uhr).

Außerdem kommt im Theater am Kurfürstendamm Sonntag eine Theaterfassung des Beststellers und Erfolgsfilms „Ziemlich beste Freunde“ heraus. (Theater am Kurfürstendamm, ab 29. 9., 20 Uhr)

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