nicht käuflich
: Pils schluckt Werbung

Können Sie mir einen Gefallen tun? Wenn bei Ihnen jemand von Millward Brown anruft, würden Sie sich bitte dann an all das erinnern, wonach sie gefragt wurden? Millward Brown ist nämlich nach eigenen Angaben eine Marktforschungsfirma und ein Unternehmen zur Markenberatung in über 43 Ländern. Und hat bei seiner Forschung etwas herausgefunden: Nämlich, dass Menschen, die einen neumodischen digitalen Videorekorder besitzen und Fernsehwerbung damit schnell überspulen, im Schnitt genau so viel von der Werbung im Hirn behalten, wie Menschen, die die Sendung während ihrer tatsächlichen Ausstrahlung sahen.

Warum das wichtig ist? Weil die Fernsehsender zukünftig trotz erhöhter Verbreitung der neuen Videorekorder ihren Werbekunden das gleiche Geld abknöpfen können wie zuvor. Allerdings wirft die Studie auch neue Fragen auf. Denn Millward Brown hat herausgefunden, dass Fernsehzuschauer ohne Rekorder bei Einsetzen der Werbeblöcke irgend etwas anderes tun, wie zum Beispiel Bier holen oder wegbringen. Während also der Technik-Freak gerade die Bilder von Prostata-Mittelchen wegspult, geht der Technik-Muffel mal eben aufs Klo.

Was das in Zukunft für die Gesundheit der Fernsehzuschauer bedeutet, steht hier nicht zur Debatte, eher sollte über die Zukunft der Werbung, des Fernsehens, der Marktforschungsunternehmen und der Unternehmensberater nachgedacht werden. Die Privatsender können erstens also auch für Fernsehzuschauer abkassieren, die die Sendungen zeitversetzt sehen. Zweitens dürften den Gegnern der so genannten „Timeshift-Rekorder“ ein paar Argumente ausgehen. Und drittens muss angemerkt werden, dass das Marktforschungsunternehmen Millward Brown auch als Unternehmensberater mit den Ergebnissen der eigenen Studie gut leben kann.

Ich könnte also argwöhnen, das Unternehmen habe sich indirekt von den Werbekunden der Fernsehsender dafür bezahlen lassen, eine Studie zu erstellen, die keinem weh tut, um anschließend noch die Hersteller von digitalen Videorekordern zu beraten. Mache ich aber nicht.

Ich habe eigentlich nur eine Bitte: In einer Zeit, in der über Fernsehen via Internet, Internet via Fernsehleitung geredet wird, könnte man doch eine weitere Studie machen. Die Leute mal fragen, ob sie nicht trotz PopUp-Blockern und anderen Hilfsmitteln, die die Werbung im Internet ausblenden sollen, etwas gesehen oder gemerkt haben. Und Sie sagen dann zu allem ja und Amen, was Millward Brown Sie fragt? Das wäre sehr nett, denn dann könnte ja zukünftig die ganzseitige Werbung, die immer die Informationen im Netz verdeckt, vielleicht im Schnelldurchlauf gezeigt werden. Man würde ja auch viel mehr sehen, bis man den winzigen Knopf zum Schließen der Ads gefunden hat. Ich gehe dann auch nicht mehr aufs Klo, wahrscheinlich würde ich mir eher vor Freude in die Hose machen. ELMAR KOK